YB-Fan Robert B. (35) sprengte sich drei Finger weg
Nach 3 Liter Bier hielt er den Böller für eine Fackel

In der Nacht auf den 1. August 2020 zündete der Serviceangestellte nach dem siegreichen Meister-Spiel der Young Boys einen verbotenen Knallkörper und zerfetzte sich dabei die Hand – aus Unwissenheit, sagt der Angeklagte vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona.
Publiziert: 11.11.2021 um 17:20 Uhr
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Aktualisiert: 11.11.2021 um 18:17 Uhr
Myrte Müller

Pyrotechnik gehört zur Standard-Ausrüstung der Ultras. Kaum ein Fussballspiel ohne Rauchbomben, Petarden und sprühenden Fackeln. Auch nach dem Sieg von YB gegen den FC Sion am 31. Juli 2020 wird mit Feuerwerk gefeiert. Unter den YB-Fans ist damals Robert B.* (35). Der Serviceangestellte zündet einen in der Schweiz verbotenen Böller der Marke Gladiator. Zwölf Sekunden später explodiert die mächtige Petarde, zerfetzt die rechte Hand des Berners (Blick berichtete).

Am Donnerstag sass Robert B. auf der Anklagebank. Seine rechte Hand legt er gut sichtbar auf das Pult. Teile des Daumens, seines Zeige- sowie Mittelfingers fehlen. Seine Botschaft: Er ist das Opfer, nicht der Täter. Zum ersten Mal seit dem Böller-Drama macht der Berner eine Aussage. Gegenüber Polizei und Bundesanwaltschaft hatte Robert B. bislang immer geschwiegen.

«Ich habe mit Freunden das Spiel vor dem TV verfolgt», erzählt der YB-Fan, dann sei er nach dem Meister-Spiel seiner Lieblingsmannschaft nach draussen feiern gegangen.

«Ich wollte auch einmal eine Fackel halten»

Nach drei Litern Bier und zwei Shots mischt sich Robert B. kurz vor 1 Uhr unter gut 100 YB-Fans. Euphorisch sei er gewesen. «Ich wollte auch mal eine Handlichtfackel halten», so Robert B. zum Richter. Er habe sich von jemandem einen Feuerwerkskörper geben lassen. Denn, so der Fussballfan, er habe keine Erfahrung mit Pyrotechnik und auch nichts dabeigehabt.

«Es sah aus wie eine Fackel, hatte aber eine Zündschnur», beteuert B. weiter, «wegen des Funkenregens hielt ich den weissen Stab mit gestrecktem Arm in Richtung Boden, entfernte mich etwa drei bis vier Meter von der Gruppe, gerade um niemanden zu gefährden.» Während Robert B. auf das zischende Bengalenlicht gewartet habe, sei die Petarde mit einem lauten Knall explodiert. «Ich bereue jeden Tag den Irrtum, an den ich mich ein Leben lang erinnern werde», so Robert B. voller Reue, «ich bin nur froh, dass ich niemand anderen verletzt habe.»

«Das Wohl der anderen war dem Angeklagten egal»

Viel Mitleid zeigt die Bundesanwaltschaft nicht. Sie bleibt dabei: Robert B. habe in jener Nacht mindestens acht Personen, die in der Nähe standen, an Leib und Leben gefährdet. Sie glaubt dem Angeklagten nicht, keine Ahnung von der Gefährlichkeit der Pyrotechnik gehabt zu haben. Er habe leichtsinnig den Blitzknallkörper gezündet, ohne die Sicherheitshinweise zu beachten. Ihm sei das Wohl der anderen zu dem Zeitpunkt egal gewesen.

Daher bleibe sie dabei, so die Bundesanwältin: Robert B. ist der Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht schuldig zu sprechen und zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten zu verurteilen, die unter Ansetzung einer Probezeit von drei Jahren aufzuschieben sei. Der Verteidiger hingegen sieht keine Spur von Vorsätzlichkeit. Sein Mandant sei nicht von Sprengstoff ausgegangen. Daher fordert er einen Freispruch.

Ein Urteil gibt es nicht. Weil der Angeklagte mit seiner Version erst am Tag der Verhandlung rausrückte, müsse sich das Gericht noch beraten. Noch in diesem Jahr soll die Urteilsverkündung folgen.

* Name geändert

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