In der Schweiz gibt es rund 20 Frauenhäuser. Sie haben es sich zum Ziel gemacht, Frauen in Not zu helfen. Fühlt sich eine Frau von ihrem Lebenspartner bedroht oder wird ihr physische oder psychische Gewalt angetan, bieten Frauenhäuser Schutz. Die Adressen der Schutzeinrichtungen sind aus Sicherheitsgründen geheim.
In Deutschland kam es vor ein paar Monaten aber zu einem schrecklichen Vorfall. Ein Mann konnte seine in ein Frauenhaus geflüchtete Ex-Partnerin an ihrem geheimen Aufenthaltsort im Norden Deutschlands aufspüren und erschoss sie mitten auf der Strasse, wie der «Südkurier» berichtete. Wie war es möglich, dass der Mann die Frau, die sich am anderen Ende Deutschlands befand, ausfindig machen konnte? Hat er sie über Geräte ihrer Kinder oder über ihr Mobiltelefon getrackt? Wie gehen Schweizer Frauenhäuser mit den digitalen Gefahren um?
Nathalie Schafer (42) von der Opferhilfeberatung im Frauenhaus Freiburg berichtet, dass es zwar sehr selten vorkomme – es aber auch bei ihnen schon prekäre Situationen gegeben habe. «Zwischen Dezember 2022 und heute gab es zwei konkrete Vorfälle mit Männern, die (ungebeten) ins Frauenhaus kamen. Dabei brachen sie sogar ins Gebäude ein.»
Überrascht darüber, wie exakt die Männer den Standort tracken konnten
Das Frauenhaus Freiburg hat eigentlich alle verfügbaren Schritte eingeleitet, um die Frauen zu schützen. So müssen die Frauen bei der Ankunft in der Schutzeinrichtung zuerst ihre Ortungsdienste deaktivieren und Sicherheitsfragen zu ihrem Ex-Partner beantworten. So auch in diesen beiden Fällen. Trotzdem standen zweimal in den letzten 70 Tagen gewaltbereite Männer vor der Tür.
Schafer und ihr Team seien sich nicht sicher, wie genau diese Männer den Standort ihrer Ex-Partnerinnen tracken konnten. Die Adressen seien ja geheim. Selbst wenn man die Adresse des Frauenhauses hätte, könne man eigentlich nicht herausfinden, wo es sich exakt befindet. Bei diesen beiden Vorfällen könnten digitale Tracking-Softwares oder Geräte von Familienmitgliedern der Grund gewesen sein. Eine der beiden Frauen hatte beispielsweise Kinder dabei. Schafer vermutet, dass die Kinder getrackt wurden, denn alle übrigen Sicherheitsmassnahmen seien ergriffen worden: «Es kann sein, dass das Kind irgendwie getrackt worden ist. Wenn jemand technisch versiert ist, ist das sicher möglich.» Ganz sicher wissen tue sie nicht, wie in diesem Fall vorgegangen wurde. Was jedoch klar ist: Neue Technologien scheinen die Arbeit der Frauenhäuser definitiv komplizierter zu machen, die Gefahr sei definitiv gewachsen.
«In den betroffenen Fällen haben wir sofort die Polizei verständigt. Aber leider ist es nicht so einfach, den Täter dann festzunehmen. Uns bleibt nur übrig, die Frauen neu zu platzieren», so Schafer weiter. In einem der beiden Fälle hat der Täter die Frau erneut gefunden und sie musste wieder in einen anderen Kanton transferiert werden. Schafers persönlicher Eindruck sei auch, dass die Zahl an schweren Fällen häuslicher Gewalt definitiv zugenommen habe. Im letzten Jahr sei das Frauenhaus mit Anfragen überschwemmt worden.
Sicherheitskonzept soll überarbeitet werden
Aufgrund der oben geschilderten Vorfälle hat man sich gemeinsam mit dem Bedrohungsmanagement der Kantonspolizei Fribourg entschieden, das Sicherheitskonzept zu überarbeiten: «Dazu gehört, die neusten Entwicklungen zu beobachten und wachsam zu bleiben», erklärt Schafer. Auch der Kontakt mit der Polizei wurde ausgebaut: «Nachdem die Frauen die Sicherheitsfragen beantwortet haben, wird eine Gefährdungseinschätzung gemacht. Scheint die Gefahr hoch zu sein, kann die Polizei kontaktiert werden, die dann weitere Schritte einleiten kann.»
Auch die Zusammenarbeit mit den anderen Kantonen sei enorm wichtig. So könne man Betroffene in einen anderen Kanton transferieren, wenn ein Sicherheitsrisiko für die Frau oder ihre Kinder besteht.