Melanie S.* (37) sitzt aufgeregt in einer Walliser Gartenbeiz. Der gelernten Coiffeuse fällt es schwer, über die vergangenen Jahre zu sprechen. Aber: «Was mir passiert ist, sollte niemandem jemals widerfahren. Darum erzähle ich meine Geschichte.»
Juni 2014. Die junge Frau sucht ihr Liebesglück auf einer Dating-Plattform. Eines Tages trifft sie auf Miguel Z.* (32), der in Kuba lebt. Die beiden verstehen sich blendend, einem Online-Übersetzungsdienst sei Dank. «Im März 2015 bin ich dann ganz allein nach Kuba gereist», erzählt sie. Ihrem Umfeld habe sie den Grund für die Reise verschwiegen.
In der Schweiz zeigte er sein wahres Gesicht
In Kuba angekommen, schwebte die Walliserin auf Wolke sieben. «Er war so aufmerksam. Und ich hatte mir gesagt, dass ich ihn – wenn wir uns verstehen – direkt heirate. Das macht halt einiges einfacher.» So kommt es, dass Melanie S. nach nur einer Woche ihre vermeintlich grosse Liebe heiratet.
Zurück in der Schweiz, habe sie sich ins Zeug gelegt, damit Miguel Z. so rasch wie möglich nachkommen konnte. «Am 7. August 2015 kam er in Genf an – und war irgendwie verändert», erinnert sie sich. «Mitte Oktober wurde er das erste Mal gewalttätig.»
Zu Beginn habe sie die Schuld für sein Verhalten bei sich selbst gesucht – sich gesagt, er brauche Zeit, hier anzukommen. «Er hat auch unsere Sprache nicht gelernt und darum keine Arbeit gefunden. Und für manche Jobs war er sich zu schade», erzählt sie seufzend. «Ich habe dann nebst meinem Bürojob jeweils noch mehrere Abende pro Woche in einer Diskothek gearbeitet und am Wochenende Chalets geputzt.» Er sei währenddessen daheim gewesen: «Und ging nicht einmal mit dem Hund spazieren.»
Beschimpft, erniedrigt, geschlagen
Ihr Gatte habe sich die Zeit etwa mit Onlineshopping vertrieben. Die Schulden hätten sich zusammengeläppert. «Ich durfte nie in die Ferien. Er wiederum reiste pro Jahr immer für einen Monat zu seiner Familie», berichtet sie weiter. Auch fremdgegangen sei er regelmässig.
Doch Melanie S. glaubte an die Liebe, ihr Mann habe sich auch immer wieder entschuldigt und Besserung gelobt. Doch: «Er hat mich vier Jahre und zehn Monate lang als ‹dick› und ‹hässlich› beschimpft, mit dem Messer bedroht, geschlagen, mit Füssen getreten und gegen meinen Willen angefasst. Ich hatte mehrmals Todesangst», führt sie aus. «Irgendwann habe ich mich zur Entscheidung durchringen können, zur Polizei zu gehen.»
«Damals hatte ich immer Hoffnung»
Nach der Trennung habe er sie gestalkt: «Darum bin ich ins Ausland gezogen.» Die Kirsche auf der Torte wurde der Walliserin aber erst beim Scheidungsurteil serviert: Da sie berufstätig und ihr Ex arbeitslos war, musste sie ihm fast 23'000 Franken von ihrer zweiten Säule bezahlen. Auch auf den Betreibungen von etwa 70'000 Franken blieb sie sitzen. So wolle es halt das Gesetz, erklärt sie fassungslos.
«Ich bereue nicht, dass ich etwas gewagt und schnell geheiratet habe. Ich bereue es, dass ich nicht früher die Reissleine gezogen habe», sagt sie rückblickend. «Ich habe immer Hoffnung gehabt. Heute weiss ich, dass sich so ein Mensch nie ändert. Liebe Frauen, seid nicht so dumm wie ich!»
* Namen geändert