Josef Imsand (77), pensionierter Oberstufenlehrer aus Ulrichen VS, findet deutliche Worte: «Was am Rhonegletscher passiert, ist eine ungeheure Verschandelung der Natur. Im Gletschersee versinken die Leichentücher – und niemand greift ein», sagt er zu Blick. In den sozialen Medien machte der Naturfreund seinem Ärger Luft. Er ist nicht der einzige.
Mit «Leichentüchern» meint der leidenschaftliche Bergsportler die weissen Polyesterbahnen, die die Gletschergrotte des Rhonegletschers abdecken und das Abschmelzen des Eises verzögern sollen. Der weisse Stoff liegt deshalb auf den untersten Ausläufern des Gletschers, der Gletscherzunge, direkt am See.
Unter den Tüchern befindet sich die Grotte – ein Tunnel, der jedes Jahr neu ins Eis geschlagen wird. Schon seit 1870 kommen jedes Jahr Tausende Besucher aus der Schweiz und dem Ausland zur Grotte am Furkapass, um in die geheimnisvolle Welt des ewigen Eises eintauchen zu können. Ein touristischer Hotspot auf 2300 Meter über Meer. Die Betreiber der Grotte sind es denn auch, die mit der Installation der Tücher das Versiegen der eigenen Einnahmequelle verlangsamen wollen.
«Sofortiges Handeln angezeigt»
Die Vliesbahnen im Gletschersee erhitzen auch das Gemüt von Eva-Maria Kläy (56) von Pro Natura Oberwallis. Die Umweltaktivistin ist schockiert, wie viel Vlies bereits im See gelandet ist. Mit blossem Auge sind die Stoffbahnen auf den Eisschollen im Wasser zu erkennen. «Unter Wasser dürfte noch viel mehr liegen, vermutlich Tonnen», ärgert sich Kläy.
Der Umweltaktivistin geht es dabei nicht nur um die optische Beeinträchtigung der Landschaft. Sie befürchtet weit grössere Konsequenzen. Das Polyester könne Mikroplastikteilchen produzieren. «Das bedeutet: Wir verschmutzen die Rhone schon direkt an der Quelle, das ist ein Skandal!» Man müsse sich so auch nicht wundern, wenn zum Beispiel im Genfersee zu viel Mikroplastik gefunden werde. «Für das Wallis und die Schweiz ist die ganze Situation sehr schlechte Werbung.»
Kläy fordert deshalb, dass umgehend gehandelt wird. Die Aktivistin sieht dabei die privaten Betreiber der Eisgrotte in der Pflicht. «Die sind dafür verantwortlich, die müssen aufräumen und vor allem auch die Kosten tragen», sagt sie.
Schwierige Bergung
Die Betreiberfamilie der Eisgrotte ist mit der Situation ebenfalls nicht glücklich. Im letzten Jahr wurden alle «erdenklichen Möglichkeiten» geprüft, um das Vlies aus dem See zu holen. «Die Ideen gingen vom spezialisierten Bergführer bis zum Helikopter», so Philipp Carlen (60) als Vertreter der Betreiber. Alle Möglichkeiten wurden aber jeweils als zu gefährlich eingestuft. Es sei daher nicht möglich, das Vlies innert kurzer Zeit zu entfernen, erklären die Betreiber. Mittelfristig wird es aber eine Lösung geben müssen.
Die Hersteller der Vliesabdeckungen hätten aber versichert, dass das Polyester keine negativen Einflüsse auf die Gesundheit habe. Es werde auch beim Wasser- und Quellenschutz verwendet. «Den Kritikern geht es wohl in erster Linie um die ästhetischen Beeinträchtigungen.»
Dass das Vlies überhaupt im See schwimmt, ist dabei eine direkte Folge der Gletscherschmelze. So brachen im letzten Jahr Teile der mit dem Stoff bedeckten Gletscherzunge ab, die Eisschollen landeten mit Teilen des Vlieses im See.
Auflagen gemacht
Während Philipp Carlen von der Unbedenklichkeit des Stoffes überzeugt ist, scheint man hingegen beim Kanton Wallis Bedenken zu haben. Thierry Pralong, verantwortlich für Oberflächengewässer, erklärt auf Anfrage von Blick: «Wir sind uns des Problems bewusst. Durch den Abbau der Planen kann unter Umständen Mikroplastik entstehen.» Pralong befürchtet, dass das Mikroplastik, aber auch grössere Rückstände, mit dem Schmelzwasser in die Rhone gelangen und weggeschwemmt werden könnten. «Das würde eine Schädigung der Umwelt darstellen», so der Gewässerschützer des Kantons.
Dem Betreiber wurden daher Auflagen im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens gemacht. Wie diese jedoch im Detail aussehen, kann Pralong aufgrund von Datenschutzgründen nicht sagen. Auch auf die Frage, ob der Betrieb der Eisgrotte wegen der Tücher im See grundsätzlich gefährdet sei, gibt es wegen des Verfahrens keine Antwort.
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