Es ist der 29. Juli 2012, an dem sich das Leben von Mario Dadic aus Visp VS für immer verändert. Zusammen mit einem Kollegen ist er am Tag zuvor nach Crikvenica in Kroatien gefahren, die beiden jungen Männer wollen in der Region Ferien machen. In Crikvenica gehen Dadic und sein Kollege aus.
Am frühen Morgen setzen sich die beiden ins Auto, um ein paar Stunden zu schlafen. Gegen Mittag soll es dann weitergehen. Dadic setzt sich auf den Beifahrersitz und schläft ein. Ein fataler Fehler, denn er wird erst rund zwei Wochen später wieder aufwachen!
Ein Horror-Crash mit Folgen
Während Mario Dadic nicht angegurtet auf dem Beifahrersitz schlummert, beschliesst sein Kollege, die Fahrt fortzusetzen. «Das war so nicht abgemacht, er hat eigenmächtig entschieden», sagt Dadic. Was genau dann passiert, weiss er nur aus Erzählungen. In einer Linkskurve verliert der Fahrer die Kontrolle über das Fahrzeug, das Auto rast mit voller Wucht rechts in eine Mauer. Dadic prallt mit dem Kopf in die Windschutzscheibe, wird dann aus dem Auto geschleudert.
Während der Fahrer fast unverletzt bleibt, ist Dadic dem Tod nahe. Noch vor Ort muss er ein erstes Mal reanimiert werden. Auf dem Weg ins nächstgelegene Krankenhaus in Rijeka ein zweites Mal. Dadics Verletzungen sind katastrophal. Er hat ein schweres Schädel-Hirntrauma, die linke Hirnhälfte ist beschädigt, ebenso das Kleinhirn. «Ausserdem hatte ich einen Jochbeinbruch, die Wangenknochen waren zertrümmert und das Knie war massiv verletzt», erzählt er. Dazu ist die rechte Körperhälfte halb gelähmt.
Nach vier Tagen auf der Intensivstation in Rijeka wird der Schwerstverletzte ins Inselspital in Bern überführt. «Die Ärzte waren sich sicher, dass ich sterben würde – ich sagte mir: Vergesst es!», sagt der 35-Jährige. Wie durch ein Wunder wacht Dadic nach rund zwei Wochen wieder auf und beginnt direkt mit dem Kampf zurück ins Leben.
Von der Reha zur eigenen Firma
Dadic erzählt: «Als ich zu mir kam, konnte ich mich an gar nichts erinnern und wusste nicht genau, wo ich bin.» Vom Unfall selbst weiss er bis heute nichts. Erst nach und nach kommt die Erinnerung zurück. Es folgt eine sechsmonatige Reha, in der Dadic vieles wieder neu lernen muss – Sachen heben, schreiben, sprechen.
Es ist eine harte Zeit für den jungen Mann, er hadert mit seinem Schicksal. «Immer wieder habe ich mich gefragt, warum gerade mir das alles passieren musste», sagt Dadic im Gespräch mit Blick. «Es gab die Momente, da hätte ich meinem Leben am liebsten ein Ende gesetzt. «Ich bin aber zurück im Leben.»
Denn es gibt Grund zum Weitermachen. Dadics Vater überschreibt ihm im März 2013 seine Gartenbaufirma, der Sohn hat wieder eine Aufgabe im Leben. «Schlussendlich passiert alles aus einem Grund. Hätte ich den Unfall nicht gehabt, hätte ich die Firma wohl nicht so früh übernommen und wäre vor allem nicht bereit gewesen, als mein Vater 2017 unerwartet starb», resümiert Dadic.
Trotz der Einschränkungen durch die Verletzungen hängt sich der frisch gebackene Geschäftsführer voll in seine Aufgabe. Er modernisiert die Firma, vergrössert sie. Heute hat «Green Garden Mario GmbH» zehn Angestellte. Ein gutes Arbeitsklima ist Dadic wichtig, seine Angestellten sollen sich wohlfühlen. Er baut den Firmensitz in Raron VS aus, heute gleicht das Gebäude mehr einem Loft als einem Depot. «Man soll sich hier wohlfühlen.» Das nötige Wissen für die Firmenleitung muss sich Dadic selbst beibringen. Er will zwar Betriebswirtschaft studieren, doch weil er an starken Kopfschmerzen und Konzentrationsschwächen leidet, muss er das Studium wieder abbrechen.
Ein angepasstes Leben
Trotzdem strahlt der 35-Jährige viel Lebensfreude aus. Auch wenn ihn die Folgen des Unfalls immer noch begleiten. «Ich bekomme schnell Kopfschmerzen und werde müde», sagt er. Ausserdem kann er mit dem rechten Arm keine schweren Dinge heben, eine Titanplatte fixiert Teile seines Schädels. Diesen Umständen muss der Geschäftsführer Rechnung tragen. «Was ich durch den Unfall gelernt habe ist, dass man aus jeder Situation das Beste machen muss und immer an sich selbst arbeiten kann. Es ist alles eine Frage der Sichtweise.»
Obwohl der Fussballfan selbst nicht mehr spielen kann, interessiert er sich immer noch für den Sport, sponsert beispielsweise Nachwuchsmannschaften.
Auch einer anderen Leidenschaft ist er treu geblieben, der zu schönen Autos. «Es hat zwar ein Jahr gedauert, bis ich mich wieder in eines setzten konnte, aber Autos sind mein Ding geblieben.» Nur das mit dem Beifahrer sein klappt nicht mehr so gut. Dadic setzt sich nur noch im äussersten Notfall neben den Fahrer. «Ein paar Vertrauensprobleme sind geblieben.»