Eigentlich sollten die Thermalbäder in Leukerbad VS zur Entspannung beitragen. Stattdessen tobt seit Jahren ein Kleinkrieg zwischen den beiden grossen Bädern im Kurort. Es geht um Macht und einen Haufen Geld.
Jetzt ist die Situation endgültig eskaliert. Der Staatsanwalt ermittelt wegen Amtsmissbrauchs und Urkundenfälschung, im Fokus stehen die Verantwortlichen der Gemeinde. Mehr noch: Ein Thermalbad-Anwalt hat sich vorgenommen, Mitglieder des Gemeinderates hinter Gitter zu bringen!
Strafrechtlich kam der Fall am 15. März ins Rollen. An diesem Tag beauftragte der Kanton Wallis die Staatsanwaltschaft, aktiv zu werden. «Hiermit zeigen wir Ihnen eine mögliche strafbare Handlung an, die von Amtes wegen verfolgt wird», heisst es im entsprechenden Schreiben, das Blick vorliegt.
Ein Wirtschaftskrieg
Rückblick: Im November berichtete Blick über den «Bäderkrieg in Leukerbad». Das Problem: Es gibt zwei grosse Bäder. Das zweitgrösste gehört der Alpine Rose Resort AG und ist in Privatbesitz. Anders die verhasste Konkurrenz: Die My Leukerbad AG, die Betreiberin des grösseren Bades, ist in öffentlicher Hand. Die AG gehört jeweils zur Hälfte der Einwohner- und der Burgergemeinde Leukerbad. Finanziert wird sie zu einem guten Teil über die Kurtaxen.
Und genau das ist der Stein des Anstosses: Der private Anbieter, die Alpine Rose Resort AG, muss von seinen Gästen nämlich Kurtaxen kassieren. Und dann quasi direkt der Konkurrenz herüberschieben.
Roland Märki (34) vertritt als Rechtsanwalt die Alpine Rose Resort AG, den zweitgrössten Player in der örtlichen Tourismusbranche. Er fasste das Problem so zusammen: «Haben wir einen Gast, klingelt bei der Konkurrentin die Kasse.»
Die Walliser Alpentherme forderte deshalb 375'000 Franken aus dem Kurtaxentopf und brachte die Angelegenheit vors Bundesgericht in Lausanne. Dieses erklärte im letzten Jahr, die Situation sei tatsächlich ein Wettbewerbsnachteil für die private Therme.
In einer Verfügung gelogen
Die Gemeinde fasste also vom Gericht den Auftrag, das Problem endlich zu lösen und gleich lange Spiesse zu schaffen. Stattdessen machte die Gemeinde offenbar: nichts.
Die Gemeinde teilte nämlich mit, dass das Verfahren erst einmal auf Eis liege. Man müsse prüfen, ob der Gemeinderat befangen sei, wie vom Anwalt der Gegenpartei moniert worden ist. Man habe sich dazu an den Kanton gewandt, um zu schauen, wie man weiter verfahren soll. Konkret: «Die Gemeinde hat den Staatsrat vor einigen Wochen um verbindliche Auskunft über das weitere Vorgehen gebeten», heisst es in der entsprechenden Verfügung, unterschrieben von Gemeindepräsident Christian Grichting, vom Juni 2023, die Blick vorliegt.
Nur: Dieses Schreiben ist beim Kanton nie angekommen.
Als der Anwalt der privaten Therme den Brief einsehen will, bekommt er vom Kanton nämlich eine unerwartete Antwort. Dieser habe «auch nach intensiver Suche kein solches Schreiben gefunden», heisst es in einer Rückmeldung, die Blick ebenfalls vorliegt.
Erstaunlich: Erst als Anwalt Märki schon längst mit dem Kanton in Kontakt war, reagierte der Gemeinderat und reichte Mitte Oktober 2023 endlich beim Walliser Staatsrat jenes Auskunftsgesuch ein, das er angeblich schon im Sommer gestellt hatte. «Die Begründung für die damalige Sistierungsverfügung war also erlogen», sagt der Anwalt.
Anwalt fordert Knast
Das müsse Konsequenzen haben, so der Anwalt weiter. «Es ist verwerflich, wenn Gemeinderäte in Ausübung ihres Amtes straffällig werden, denn so werden auch andere Behördenmitglieder in Verruf gebracht.»
Weil die Sistierungsverfügung ein offizielles Dokument sei und der Gemeinderat darin nachweislich gelogen habe, habe sich das Gremium der Urkundenfälschung schuldig gemacht. «Der Status quo wird so länger als nötig aufrechterhalten, wobei das Thermalbad der öffentlichen Hand massiv bevorzugt wird», erklärt der Anwalt. Das sei Amtsmissbrauch.
Dann wird es persönlich: Der Anwalt fordert Haftstrafen für seine Gegenspieler bei der Gemeinde: «Die Strafe muss deutlich ausfallen, nach unserer Ansicht sind drei Jahre Freiheitsstrafe angemessen.» Eine Forderung, die Märki auch gegenüber der Walliser Staatsanwaltschaft vorgebracht hat, die nun die Sache untersuchen muss.
Eine Stellungnahme von Christian Grichting, Gemeindepräsident von Leukerbad, lag am Sonntag bis Redaktionsschluss nicht vor. Er sei frühestens am Montag für eine Stellungnahme erreichbar, so der Politiker. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung. Das letzte Kapitel im Thermalbad-Krieg ist definitiv noch nicht geschrieben.