Der Pharmakonzern Lonza hat dem Oberwallis in den letzten Jahren einen schweizweit einzigartigen wirtschaftlichen Aufschwung beschert. Hunderte neue Arbeitsplätze wurden geschaffen, entsprechendes Personal rekrutiert. Mit über 5000 Angestellten ist das Unternehmen unbestritten die Nummer eins der Region. Nach Lonza kommt wirtschaftlich gesehen lange nichts.
Im Zuge des Wirtschaftswachstums wächst auch die Bevölkerung im Oberwallis. Die grossen Talgemeinden Brig-Glis, Naters und Visp haben deutlich zugelegt. Angetrieben wird das Wachstum durch den Zuzug ausländischer Arbeitskräfte. In der Standortgemeinde Visp stieg der Ausländeranteil in den vergangenen drei Jahren um fünf Prozent.
Der international tätige Konzern lockt dabei mit guten Löhnen und anderen Leistungen für seine Angestellten. Zum Beispiel mit firmeneigenem Sportprogrammen oder mit massiv subventionierten ÖV-Abos für die Fahrt zur Arbeit.
Umworbene Lernende
Auch bei der Suche nach Lernenden setzt Lonza auf jene Stärken, mit denen das Unternehmen um erwachsene Arbeitnehmer buhlt. Neben hohen Löhnen sind dies vor allem Zusatzleistungen für die jungen Leute.
Von denen hat Lonza einige. Paul Briggeler (59), oberster Ausbilder von Lonza in Visp VS, sagt: «Derzeit bilden wir im Oberwallis rund 230 Lernende in insgesamt 17 Berufen aus.» Für den kommenden Herbst sind wiederum 90 Lehrstellen zu besetzen. «Der Grossteil der Stellen ist auch vergeben», freut sich Briggeler.
Eine Aussage, die für andere Unternehmen und Berufszweige nicht gilt. Viele haben grosse Mühe, Nachwuchs zu rekrutieren. Hinter vorgehaltener Hand ist zu hören, dass man einfach nicht mit den Konditionen bei Lonza konkurrieren könne. «Da haben wir mit einer simplen Lehrstelle einfach keine Chance», sagt ein Vertreter aus dem Handwerk zu Blick.
Mehrere Lehrlings-WGs
Tatsächlich können sich die Konditionen für Auszubildende bei Lonza sehen lassen. Einzigartig für die Region sind dabei die kostenlosen Lehrlings-WGs direkt im Zentrum von Visp. «Dank dieses Angebots können wir auch junge Menschen rekrutieren, die sonst nie bei uns arbeiten könnten», sagt Chefausbilder Briggeler.
So zum Beispiel Zoë Bolliger (18). Die junge Frau macht in Visp eine Ausbildung als Biologielaborantin EFZ. Ohne Lehrlings-WG wäre das aber unmöglich. Denn Bollinger stammt aus Winterthur ZH, die Fahrt nach Visp mit dem Zug dauert knapp zweieinhalb Stunden. «Pendeln wäre nicht möglich und eine eigene Wohnung zu mieten zu teuer», sagt sie. Deshalb war das Angebot der Lehrlings-WG mitunter ein ausschlaggebender Punkt für Bollinger, im Wallis ihre Ausbildung zu machen. «Heimweh habe ich trotzdem manchmal, aber zum Glück gibt es ja Handys.» Damit in den WGs alles mit rechten Dingen zugeht, wurde mit Daniel Willa (37) extra ein diplomierter Jugendarbeiter verpflichtet.
Fast geschenktes GA
Derzeit unterhält Lonza eine WG für Buben und eine für Mädchen. Ab Herbst soll eine weitere Wohngemeinschaft für Lernende hinzukommen. «Die Nachfrage ist da», freut sich Ausbilder Briggeler. Wohl auch, weil die WGs bislang kostenlos sind. «Das könnte sich aber in naher Zukunft ändern», hält Briggeler fest. Doch auch dann dürfte das Wohnen in den Firmen-WGs für die jungen Leute deutlich billiger sein, als selbst etwas zu mieten.
Zwar wird in den WGs auch in Zukunft nur ein Bruchteil der Lernenden wohnen, doch zeigt das Beispiel, welche Möglichkeiten das Unternehmen hat, um junge Leute zu buhlen. Dazu gehört auch ein fast geschenktes GA. Für nur einen Franken am Tag können die Lonza-Lernenden ein solches beziehen. Pro Jahr sparen die jungen Leute so fast 2300 Franken. Zudem können die Auszubildenden entweder ein Auslandsjahr absolvieren oder sie bekommen einen Bonus für sicheres und präventives Verhalten.
Ein Selbstläufer ist die Rekrutierung trotzdem nicht. «Auch wir müssen uns ins Zeug legen, den jungen Menschen etwas bieten», sagt Ausbilder Paul Briggeler. Dazu hat das Unternehmen ein eigenes Lehrlingsmarketing auf die Beine gestellt. «Trotzdem ist die Besetzung von Lehrstellen im technischen Umfeld auch für uns eine Herausforderung.» Gemeint sind Berufe, wie Anlagen- und Apparatebauer, Polymechanikerinnen, Automatiker oder Elektroinstallateurinnen. Eben jene Berufe, in denen auch andere Unternehmen im Wallis händeringend nach Nachwuchs suchen.
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