Waffen beschlagnahmt
Polizei stürmt Wohnung von Westschweizer SVP-Politiker

Nach dem Sieg von Italien gegen die Türkei rief ein Waadtländer SVP-Mitglied den Notruf an, um sich über den Lärm der Fans zu beschweren. Er bot den Beamten dabei Unterstützung an – mit der eigenen Waffe. Das sorgte für Ärger.
Publiziert: 09.07.2021 um 17:47 Uhr
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Aktualisiert: 09.07.2021 um 18:40 Uhr
In seiner Sammlung befanden sich insgesamt ein Dutzend Waffen – darunter eine Sig-Sauer P220 Pistole. (Pistole)
Foto: Blick
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Antoine Hürlimann

Der kuriose Fall ereignete sich nach dem ersten Fussballspiel der Euro 2020 zwischen Italien und der Türkei am 11. Juni. An jenem Abend wurde Günter Hanisch (68) durch jubelnde italienische Fans aus dem Schlaf gerissen – der Mann aus Lausanne ist Mitglied des Zentralkomitees der Waadtländer SVP und nationaler Delegierter der Partei.

Hanisch rief den Notruf an und beschwerte sich über den Lärm. Er bat die Behörden, wieder Ordnung in seine Strasse zu bringen. Weil er den Eindruck hatte, nicht ernst genommen zu werden, schlug der Rentner daraufhin vor, die Polizei einzuschalten und dem lauten Treiben ein Ende zu setzen. Er bot dabei an, die Beamten mit seiner Dienstwaffe zu unterstützen.

«Es war ein Scherz und in keiner Weise eine Bedrohung für Recht und Ordnung, das habe ich der Telefonistin gesagt», sagt Hanisch nun gegenüber Blick. Doch zu spät: Etwa eine Stunde später klingelte es an seiner Tür – es war die Polizei! «Sie waren in Position und hielten mich mit vorgehaltener Waffe fest», sagt der pensionierte Schweizer Armeeoffizier. Die Beamten hätten ihn an die Wand gestellt und durchsucht. Im Haus des Rentners fanden die Beamten ein ganzes Arsenal mit insgesamt zwölf Waffen und beschlagnahmten es – darunter eine Sig-Sauer P220 Pistole, ein Karabiner und eine Winchester 1300 Defender Schrotflinte. Hanisch will nun dagegen vorgehen.

«Bin kein Amokläufer»

Nachdem er gezwungen wurde, in seinem Wohnzimmer zu sitzen, habe er voll kooperiert, sagt Hanisch. «Ich bin ein Herzpatient und ein alter Mann, kein Amokläufer», sagt er. Der Einsatzleiter sei sich dessen wohl bewusst gewesen, meint Hanisch. Denn dieser habe sich bei ihm entschuldigt und gesagt, dass er nur seinen Job mache.

«Sie haben alle meine Waffen beschlagnahmt, das ist Diebstahl!», sagt er. Deshalb habe er den Behörden bereits einen Brief geschrieben, um sie zurückzubekommen – eine Antwort gab es bisher keine. Der Rentner behauptet zudem, dass er Opfer von Polizeigewalt wurde, sein Gesundheitszustand hätte sich seither verschlechtert.

Kevin Grangier, Präsident der Waadtländer SVP, hat zu der Affäre um das Mitglied des Waadtländer SVP-Zentralkomitees keinen Kommentar abegeben.
Foto: Keystone

In seiner Wut schickte Hanisch am Dienstag auch eine Mail an Pierre-Antoine Hildbrand, den Stadtrat für öffentliche Sicherheit, und beschwerte sich über den Vorfall. Kevin Grangier, Präsident der SVP Waadt, wurde in der E-Mail in Kopie genommen. Er macht gegenüber Blick aber klar, dass er zu diesem Fall keine Stellung nehmen wird: «Diese private Episode betrifft nicht die SVP Waadt.» Eine politische Partei sei weder eine Anwaltskanzlei noch ein Mediationszentrum.

«Ich will meine Waffen zurück»

Blick konfrontierte auch die Lausanner Stadtpolizei mit dem Bericht von Günter Hanisch. Ohne sich konkret zu dem Fall zu äussern, bestätigte sie, dass am 11. Juni im Rahmen der Feierlichkeiten nach dem Spiel eine Intervention stattgefunden hat. Bei dieser Gelegenheit wurden tatsächlich Waffen beschlagnahmt. «Ein Bericht wurde an die zuständige Behörde weitergeleitet», schreibt Sprecher Sébastien Jost in einer E-Mail.

Zu den Vorwürfen der Polizeigewalt sagte der Sprecher eine etwas andere Version: «Der Einsatz ist ruhig verlaufen.»
Foto: Keystone/LAURENT GILLIERON

Zu den Vorwürfen der Polizeigewalt liefert der Sprecher eine etwas andere Version: «Der Einsatz ist ruhig verlaufen». Und: «Wir möchten Sie daran erinnern, dass jeder, der mit einem Polizeieinsatz nicht zufrieden ist, sich an den Ethikbeauftragten der Lausanner Polizei wenden kann.»

Günter Hanisch will sich in den nächsten Tagen mit dem Ethikbeauftragten der Lausanner Polizei in Verbindung setzen. «Was passiert ist, ist untragbar», sagt er. «Ich war immer ein Freund der Polizei, aber dieses Gefühl wird gerade auf den Kopf gestellt. Und ich will meine Waffen zurück.»

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