Um sie vom Vater fernzuhalten
Spanierin entführt Zwillinge nach Boudry NE

Eine Spanierin wollte ihre Kinder vom Vater fernhalten und entführte die Zwillingssöhne. Die Spur der Mutter führt nach Boudry NE, wo die Schweizer Polizei die Kinder sowie die Eltern der Spanierin auffinden konnten.
Publiziert: 10.06.2022 um 21:30 Uhr
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Eine Spanierin hat ihre Zwillinge in die Schweiz entführt.
Foto: telemadrid.es

Seit über einem Jahr befand sich die spanische Polizei auf der Suche nach der Spanierin Verónica S.* – die zweifache Mutter soll laut der spanischen Zeitung «El Mundo» Anordnungen eines spanischen Familiengerichts missachtet und ihre sieben Jahre alten Zwillingssöhne entführt haben.

Die Spur von Verónica S. führte von der Ortschaft Pozuelo de Alarcón, einem Vorort von Madrid, über Tarragona nach Frankreich, wo sie illegal eingereist sein soll. Die Verfolgungsjagd endet allerdings in Boudry NE, also in der Schweiz. Vergangenen Donnerstag gelang es der Schweizer Polizei, das verdächtigte Haus aufzuspüren.

Dort fanden sie die beiden jungen Buben und die Grosseltern mütterlicherseits in der Wohnung eingesperrt – Verónica S.* selbst war nicht anwesend. Schnell stand fest: Die beiden Kinder sprachen kein Wort Französisch, waren hier nie eingeschult worden und hatten nie Kontakt zu Gleichaltrigen. Sie wurden in einem Schweizer Pflegeheim untergebracht. Mutter Verónica S. meldete sich bereits zwei Tage später vor einem Berner Gericht. Auch ihr ehemaliger Partner ist laut dem Bericht in die Schweiz gereist, um sich um die gemeinsamen Kinder zu kümmern.

Vater soll Kinder sexuell misshandelt haben

Die Spanierin ist nicht erst seit ihrem Verschwinden bei der spanischen Polizei bekannt. Schon zuvor hatte sich das Paar im Zusammenhang mit einer Scheidung um das Sorgerecht gestritten. Vor Gericht beschuldigte die Mutter den Vater, die Kinder sexuell zu misshandeln. Selbst könnten die beiden Jungs nicht über das Geschehene sprechen, da sie autistisch seien – ein entsprechendes ärztliches Gutachten fehlt allerdings.

«Da die Gerichte ihr nicht recht gaben, hat sie die Kinder mitgenommen und mich immer wieder angezeigt», wird der Ex-Mann zitiert. Währenddessen befand ein spanisches Sozialamt, dass die Kinder in verwahrlostem Zustand waren. Auch mehrere Zeugen gaben in den Anhörungen an, die Mutter würde ihre Söhne «völlig vernachlässigen».

Zu Beginn wurde Verónica S. noch von ihrer besten Freundin unterstützt, so der Bericht von «El Mundo». Als diese aber ein Päckchen mit Beruhigungsmitteln für Kinder fand, war der Fall für sie klar. Es sei alles «ein abgekartetes Spiel» gewesen, um den Ex-Mann von ihren Kindern fernzuhalten.

Schweizer Aufenthaltsort ist kein Zufall

Es sei kein Zufall, dass die zweifache Mutter sich in Boudry NE niedergelassen habe, so spanische Behörden. Die Nähe der Ortschaft zu Frankreich sei wohl ausschlaggebend gewesen, da sie so rasch in ein anderes Land hätte flüchten können. Laut den Medienberichten wandte Verónica S. auch andere Verschleierungstaktiken an, «die typisch für das organisierte Verbrechen oder den Terrorismus» seien.

Zudem wurde sie wohl von der Organisation «Infancia Libre» («Freie Kindheit») beraten, wie die Zeitung schreibt. Diese würden Mütter dabei unterstützen, ihre Kinder mit Verfahrenstricks von den eigenen Vätern fernzuhalten. Ermittlerinnen und Ermittler gehen davon aus, dass die Organisation der Spanierin ebenfalls geraten habe, in ein Land zu fliehen, das zwar zu Schengen gehört, nicht aber zur EU, um dort zu versuchen, mit einem neuen Verfahren ihren ehemaligen Partner von ihren Kindern zu trennen. Nun wurden die Schweizer Gerichte von der spanischen Justiz dazu aufgefordert, zu handeln. (chs)

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