Europaweit gehört der Kanton Freiburg zu den schlimmsten vom Coronavirus betroffenen Regionen. Allein in den letzten zwei Wochen wurden 5786 neue Fälle registriert. Anfang November startete der leitende Arzt Nicolas Blondel einen dramatischen Aufruf über Social Media: «Jede Viertelstunde fährt ein Krankenwagen ins Spital.» Die Armee schickte Hilfe. Seit kurzem stehen rund 50 Sanitätssoldaten zur Unterstützung im Kantonsspital Freiburg im Einsatz.
Obwohl dem Spital von Corona-Skeptikern Panikmache vorgeworfen wurde, glaubt der medizinische Direktor, Ronald Vonlanthen, dass der Aufruf seines Kollegen gerechtfertigt war. «An jenem Montag hatten wir auf dem Notfall eine Extremsituation», sagt er gegenüber «Watson». Plötzlich sei dieser Ansturm an Covid-Patienten gekommen. «Es war genau jene Situation, vor der wir uns gefürchtet hatten. «Die Leute lagen in den Gängen», sagt er – Bilder, die man bisher nur aus Katastrophenübungen kannte.
Alle 29 Intensivbetten sind belegt
Auch zwei Wochen später ist das Spital noch immer voll. Laut Vonlanthen sind momentan alle 29 Intensivbetten besetzt – 26 davon von Covid-Patienten. «Wenn heute jemand in Freiburg einen schweren Autounfall hat, muss er nach Zürich oder Bern gebracht werden», sagt er. Dazu kommen noch 160 Covid-Patienten, die nicht auf der Intensivstation behandelt werden.
Die Belastung für das Personal sei entsprechend gross. Ein Beispiel: «Für einen Schluck Wasser muss man zuerst raus, durch die Schleuse und sich der Schutzkleidung entledigen», sagt Vonlanthen zum Online-Portal. Zusätzlich werde das Personal auch durch die höhere Sterblichkeit der Patienten belastet. «Sterben gehört in einem Spital dazu – aber momentan erleben wir ein ganz anderes Ausmass.»
«Brauchen eine Führung auf Bundesebene»
Warum es gerade Freiburg so hart trifft, weiss Vonlanthen nicht. Eine Vermutung hat er aber, wie er «Watson» sagt: «Im Herbst findet in Freiburg an vielen Orten die traditionelle Kilbi statt. Es treffen sich viele Familien, sie essen und feiern zusammen. Möglich, dass es da zu vielen Ansteckungen kam.»
Für Vonlanthen ist aber klar, dass man eine internationale Krise nicht auf kantonaler Ebene lösen kann. «Wir haben 26 Kantone, und jeder macht etwas anderes. Wir brauchen im Gesundheitswesen jetzt eine Führung auf Bundesebene.» (bra)