«Von dem Tag an, als er kam, wollte er ihre Konten verwalten»
Butler soll Genfer Philanthropin um mehrere Millionen betrogen haben

Ein potenzieller Betrugsfall erschüttert die Genfer High Society: Eine aristokratische Witwe wurde möglicherweise Opfer eines Millionenbetrugs. Ihr persönlicher Assistent und eine Personalvermittlung stehen unter Verdacht.
Publiziert: 17:38 Uhr
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Aktualisiert: 17:49 Uhr
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Die aristokratische Witwe Marie-José Michelham of Hellingly wurde möglicherweise Opfer eines Millionenbetrugs.
Foto: Screenshot RTS

Darum gehts

  • Die Genfer Philanthropin Lady Michelham wurde mutmasslich von ihrem persönlichem Assistenten um Millionen betrogen
  • Der Butler hatte Zugang zu Konten, Kreditkarten und Bankcodes
  • Sein monatlicher Lohn betrug 25'000 Franken
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Cédric HengyRedaktor News

Jeder nannte sie einfach «Lady»: Marie-José Michelham of Hellingly (1949–2022), Aristokratin und Witwe eines reichen englischen Lords, die sich seit den 1980er-Jahren in Genf niedergelassen hatte. Dort führte sie bis zu ihrem Tod ein diskretes, aber mondänes Leben zwischen Dinners, Wohltätigkeitsgalas und ihrer Stiftung. 

Die letzten Lebensjahre der Genfer Philanthropin glichen jedoch eher einem Kriminalfall, wie RTS berichtet. Kurz vor ihrem Tod hatte die «Lady» bei der Genfer Staatsanwaltschaft nämlich Anzeige erstattet. Der Grund: Ihr persönlicher Assistent soll sie um mehrere Millionen Franken abgezockt haben. Laut dem Bericht von RTS begann die Affäre im Jahr 2019, als Lady Michelham den Helfer einstellte.

Zu diesem Zeitpunkt war die Mäzenin 79 Jahre alt und trotz einiger gesundheitlicher Probleme noch selbständig. Sie lebte allein in ihrer grossen Wohnung, umgeben von einem Team von Pflegern. Die Lady beschloss, einen persönlichen Assistenten einzustellen. Der vereinbarte monatliche Lohn: 25'000 Franken.

«Die Kleider, die Weine, alles war weg»

Zwei Hauptakteure traten dabei in Erscheinung: der Butler und eine Personalvermittlung. Lady Michelham beschuldigte diese später, ihre Verletzlichkeit ausgenutzt und sie um über vier Millionen Franken betrogen zu haben. Ihre Nichte Sylvie Decobert, die die Interessen der Verstorbenen vor Gericht vertritt, schildert die Situation gegenüber RTS: «Sie konnte nicht mehr allein zum Safe gehen oder Geld abheben. Sie war abhängig von anderen.»

Über den Assistenten sagt sie: «Von dem Tag an, als er kam, wollte er ihre Konten verwalten. Er hatte Zugang zu ihrer Kreditkarte, zu allen Schlüsseln, zu den Bankcodes, zu einfach allem.» Der besagte Butler, ein Mann in den Fünfzigern, präsentierte sich gemäss RTS online als künstlerischer Leiter in Kunst- und Modekreisen. Nach seiner Anstellung bei Lady Michelham tauchten in sozialen Medien Fotos von Privatjetreisen und Luxushotels auf. Die Ausgaben der Philanthropin stiegen derart an, dass ihre Bank Alarm schlug.

Ende 2019 schritt ihre Familie schliesslich ein und entliess den Butler. Aber nur einen Monat später stellte die Lady ihn wieder ein. Der Assistent arbeitete danach noch ein Jahr für sie. Bis zu dem Tag, an dem ein banaler Abstecher in den Keller zum endgültigen Weckruf für die Multimillionärin wurde. «Dieser Keller, das war der Moment, in dem meine Tante realisiert hat, dass sie bestohlen worden war. Die Kleider, die Weine, alles war weg», so Decobert. Der Butler wurde daraufhin entlassen und angezeigt.

Beschuldigter Butler spricht von Geschenken

Der beschuldigte Ex-Angestellte, der heute in Frankreich lebt, bestreitet die Vorwürfe. Er spricht von Geschenken und hat seinerseits eine Klage wegen ungerechtfertigter Entlassung eingereicht. Auch die Rolle der Personalvermittlung wird von der Justiz untersucht.

Deren Direktor steht unter Verdacht des Betrugs und Wuchers, da er Personal zu überhöhten Preisen vermittelt haben soll. Die Genfer Staatsanwaltschaft muss nun klären, ob Lady Michelham Opfer einer Erpressung wurde oder sich bewusst grosszügig zeigte. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung. 

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