Entgegen den Erwartungen dürfte der Lockdown vom Frühling nicht zu einer Zunahme von Geburten in diesem Jahr führen. David Baud, Leiter der Geburtshilfe beim Genfer Universitätsspital, rechnet derzeit sogar mit weniger Babys als üblich.
In diesen Zeiten der Pandemie beobachte er einen Rückgang der Frühgeburtenkontrolle um etwa zehn Prozent, erklärte der Arzt gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Am Genfer Universitätsspital würden keine Massnahmen für eine mögliche Zunahme der Entbindungen getroffen.
Betreuung von Schwangeren dauert länger
«Unsere Priorität ist es, schwangere Frauen, die mit dem Coronavirus infiziert ankommen, zu versorgen und diejenigen zu schützen, die nicht mit dem Coronavirus infiziert sind». sagte Baud weiter. Die Betreuung dauere derzeit viel länger und sei komplizierter.
Baud und sein Team untersuchen den Zusammenhang zwischen Epidemien und der Zahl der Geburten nach diesen Epidemien. Zu diesem Zweck stellten sie Daten zusammen, etwa von Ebola in Westafrika, Zika in Brasilien, Sars-Cov in China in den Jahren 2002 bis 2004. Untersucht wurden sogar die Folgen der Spanischen Grippe nach dem Ersten Weltkrieg.
Zehn bis zwanzig Prozent weniger Schwangerschaften
Laut Baud wurde dabei festgestellt, dass die Zahl der Schwangerschaften neun Monate später um zehn bis 20 Prozent zurückging. Einige dieser früheren Epidemien hätten zu Fehlgeburten geführt, was aber beim Coronavirus nicht der Fall zu sein scheine.
Für den Arzt erklärt sich der Rückgang der Schwangerschaften damit, dass die Menschen daran gehindert sind, sich zu treffen. Der Stress vermindere auch die Fruchtbarkeit von Frauen und Männern. Erkrankte Jugendliche und Personen, die eine Geburt aus wirtschaftlicher Sicht betrachteten, würden zudem ihre sexuelle Aktivität vorübergehend einschränken.
Der Arzt stellte fest, dass während der ersten Welle des Coronavirus die Fruchtbarkeitsbehandlungen unterbrochen wurden. Diese führten zu rund drei Prozent aller Schwangerschaften.
Aber die Natur mache es wett, erklärte Baud. Anderthalb bis zwei Jahre nach Epidemien beobachte man einen Anstieg von rund 15 Prozent gegenüber der üblichen Schwangerschaftsrate. (SDA)
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