Der heftige Hagel, Starkregen und Überschwemmungen der letzten Wochen zerstörten bei manchem Schweizer Bauern die Ernte: Ganze Felder von Salat, Broccoli oder Blumenkohl gingen in den Unwettern zugrunde.
Migros, Coop, Aldi und Lidl füllen die Lücken in den Verkaufsregalen mit Ware aus dem Ausland. Das scheint nur logisch – weniger nachvollziehbar ist dagegen das Vorgehen einiger Detailhändler in den vergangenen Monaten. Im Frühjahr bezog zum Beispiel einer von ihnen Gurken, Tomaten und Auberginen aus dem Ausland – und weigerte sich gleichzeitig, mehreren Schweizer Bauern ihre Produkte abzukaufen. Andere Händler hatten bereits im Winter damit begonnen, importiertes statt einheimisches Gemüse einzukaufen. Der Grund dafür: Ausländische Ware ist billiger zu haben.
Dutzende Tonnen Gemüse fanden keinen Abnehmer
Schweizer Landwirte, die fest damit gerechnet hatten, ihr Gemüse im heimischen Detailhandel absetzen zu können, gerieten in Not. Verzweifelt versuchten sie, ihre Produkte anders loszuwerden. Am Ende fanden dennoch mehrere Dutzend Tonnen Gemüse keinen Abnehmer. Ein Landwirt sah sich gar gezwungen, Salate und Tomaten zu häckseln und mit dem Miststreuer auf einem Feld auszubringen, wie der Radiosender RTS berichtete.
Der Verband der Schweizer Gemüseproduzenten bestätigt diese Fälle. Dessen Direktor Matija Nuic (35) betont, es handle sich um ein neues Phänomen: «Wir haben es zuvor noch nie erlebt, dass die Detailhändler Schweizer Gemüse ablehnen, wenn das inländische Angebot die Nachfrage nicht deckt.»
Dazu muss man wissen, dass je nach Jahreszeit für den Import von Früchten und Gemüse unterschiedliche Regeln gelten: Solange Schweizer Produkte keine Saison haben, dürfen Detailhändler beliebig viel importieren. Sind die einheimischen Erdbeeren, Spargeln oder Gurken erntereif, gelten für ausländische Waren höhere Zollsätze – damit nur jene Menge importiert wird, die Schweizer Produzenten nicht abdecken können. In der Beamtensprache ist von einer «bewirtschafteten Phase» die Rede.
Wenn möglich auf einheimische Ware setzen
So sind Schweizer Tomaten zwischen 1. Juni und 30. September durch höhere Zölle geschützt, nicht aber für den Rest des Jahres – wodurch es für den Detailhandel teils lukrativer wird, die Ware zu importieren.
Das Problem: Dank neuer Anbautechniken wachsen Schweizer Tomaten längst vor dem Stichdatum. Matija Nuic wünscht sich deshalb, dass der Bund die sogenannte bewirtschaftete Phase ausdehnt und den Schweizer Produzenten damit einen gewissen Schutz gewährt.
Mit Vorwürfen an die Detailhändler hält er sich dagegen zurück. «Wir bedauern dieses Vorgehen natürlich», sagt Nuic. Zumal Gemüsebauern viel investierten, um künftig CO2-neutral zu produzieren. «Wenn für den Handel am Ende alleine der Preis zählt, ist das frustrierend.»
Derweil betonen die angefragten Detailhändler unisono, wann immer möglich auf einheimische Ware zu setzen. So heisst es etwa bei Coop, Schweizer Produkte hätten «klar Priorität».