Bin ich? Oder bin ich nicht? Ein absurdes Erlebnis am Flughafen Zürich lässt Max Dohner (67) beinahe an seiner Existenz zweifeln. Der Schriftsteller wollte vergangene Woche nach Nicaragua fliegen, via Amsterdam und Panama. Eine solche Reise ist in Covid-Zeiten bürokratische Schwerstarbeit. Doch Dohner fühlte sich gewappnet: «Ich hatte alle wichtigen Dokumente beisammen, der Covid-Test war negativ.»
Nichtsdestotrotz: Am Check-in ist Endstation. Das Personal seiner Airline KLM teilt ihm mit, dass sein negativer Covid-Test von Nicaragua noch nicht validiert worden sei. Dohner ärgert sich: «Dabei hatte ich alles rechtzeitig an die Behörden geschickt. Die Verzögerung war nicht meine Schuld!»
Fluggesellschaft verweigert Dohner die Reise
Doch es kommt noch dicker: Die Fluggesellschaft verweigert ihm auch die Reise nach Panama, obwohl dafür alle nötigen Dokumente vorliegen. Stattdessen tippen die KLM-Angestellten ins System: «No-Show».
Damit war für Dohner nichts mehr umzubuchen, auch für seine Reiseagentur Globetrotter nicht.
Der reiseerprobte Lateinamerika-Liebhaber kann es noch immer kaum glauben: «Ich wurde exakt um 4.48 Uhr abgefertigt. Ich war also da. Dennoch behauptet KLM, dass ich nicht aufgetaucht bin. Verrückt!»
Reiseagentur geht dem Fall nach
Globetrotter geht dem kuriosen Fall nach. Der Reisekonzern hat jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass Passagiere vermehrt als «No-Shows» deklariert werden.
Probleme beim Check-in gebe es aber tatsächlich immer öfter, sagt Nick Gerber (54), Leiter Einkauf bei Globetrotter, zu SonntagsBlick: «Die Reisebestimmungen wegen Covid ändern fast täglich, und jedes Land hat seine eigenen Regeln. Da den Überblick zu behalten, ist beinahe unmöglich. Zurzeit kommt es deshalb relativ oft vor, dass jemandem ein Flug verweigert wird, weil irgendein Dokument fehlt.»
Häufig ist wenig zu machen
Simon Sommer (31) ist Fluggastrechtsjurist und Mitgründer von cancelled.ch. Das Unternehmen setzt sich – auf Basis einer Erfolgsprovision – für die Rechte von Reisenden gegenüber Fluggesellschaften ein. Auch Sommer beobachtet eine starke Zunahme von Komplikationen am Flughafen: «Früher hat sich praktisch nie jemand bei uns gemeldet, weil ihm von der Airline die Beförderung verweigert wurde. Jetzt kommen pro Woche mehrere Personen zu uns, die deswegen unsere Unterstützung suchen.»
Meist sei in solchen Fällen jedoch kaum etwas zu machen, sagt Sommer. «Eine Nichtbeförderung, Denied Boarding genannt, ist aus juristischer Sicht legitim. Denn die Fluggesellschaften dürfen keine Passagiere an einen Ort befördern, an dem diese nicht einreisen können.»
Fehler bei den Behörden?
Sommer sieht den Fehler deshalb vor allem bei den Behörden der betroffenen Länder: «Insbesondere in Übersee beschädigen einige Feriendestinationen gerade den Ruf und Tourismus durch zu langsame administrative Abläufe. Das ist grotesk.»
Doch auch die Airlines nimmt Sommer in die Pflicht: «Wir erachten es als stossend, wenn die Fluggesellschaften ihre Vorschriften auch für solche Destinationen sehr strikt anwenden und keine Umbuchungen mehr erlauben, auch keine kostenpflichtigen.»
Dohner schaffte es doch noch nach Lateinamerika
Max Dohner hat es in der Zwischenzeit trotz allem nach Lateinamerika geschafft. Doch das Pech klebt ihm weiterhin an den Füssen.
Als er von Costa Rica über Land nach Nicaragua einreisen will, wird ihm aus «politischen Gründen» die Einreise verweigert. «Näher präzisieren konnten oder wollten die Grenzbeamten das nicht», so Dohner. Er habe nur eine Ahnung, was die Gründe sein könnten: Im Herbst, vor den Wahlen in Nicaragua, hatte er auf Facebook gepostet, dass die Wahlen nichts änderten an der Diktatur in dem Land.
Dohner ist konsterniert: «Die Welt ist irgendwie hysterisch geworden – mit und ohne Covid.»