Auf einen Blick
- Internetärzte und Online-Apotheker versuchen, Patienten illegale Medikamente zu verkaufen
- Zürcher Rentner fiel auf Betrug herein und verlor 5000 Franken
- Es drohen Strafverfahren
Cyberkriminelle machen auch vor der Medizin keinen Halt. Immer häufiger tummeln sich sogenannte Internetärzte oder Online-Apotheker im Netz und versuchen, ahnungslose Patienten zum Verkauf von teils illegalen Medikamenten zu überreden.
Diese schmerzliche Erfahrung musste auch der Zürcher Georg W.* (71) machen. Da der Transportunternehmer aufgrund einer Blutkrankheit schon länger unter Schlafproblemen leidet, verschrieb ihm sein Hausarzt das Schlafmittel Zoldorm. «Zuerst lief alles regulär, ich nahm das Medikament ein und dachte nicht mehr daran.» Plötzlich tauchte jedoch eine auffällige Nachricht in W.s Posteingang auf. «Ich wurde von einer Online-Apotheke angefragt, ob ich an Schlafproblemen leide», erzählt der Senior Blick. «Falls ja, hätten die Betreiber eine Lösung für mich parat.»
«Er redete in perfektem Zürideutsch auf mich ein»
Da er tatsächlich an den erwähnten Problemen litt, dachte sich der Rentner nicht viel dabei und antwortete auf die Nachricht. «Ich war schliesslich auf Nachschub angewiesen.»
Dann ging alles sehr schnell: Per Telefon meldete sich ein Mitarbeiter der «Online-Apotheke» bei dem Schweizer. Zunächst machte er einen seriösen Eindruck und bot ihm sogar genau das Medikament an, das W. bereits kannte. Besonders perfid: «Der Mann redete in perfektem Zürideutsch auf mich ein», schildert W. «Darum vertraute ich ihm zunächst.» Der «Apotheker» versprach ihm, aufgrund der nicht eindeutigen Wirksamkeit des Medikamentes, einen guten Einführungspreis. «Wir einigten uns auf 30 Tabletten für einen Preis von 50 Euro.» Die Stimme am Telefon verlangte dabei kein Rezept. Per Kreditkarte bezahlte W. die Summe.
Betrüger nutzten Kreditkarte weiter
Bei Sichtung der Kreditkartenabrechnung der Schock: W. stellte fest, dass neben den vereinbarten 50 Euro weitere 5000 Franken abgebucht wurden. «Über den Onlineshop gelangten andere Betrüger an meine Daten und kauften damit fleissig ein.» Er vermutet: Durch die Transaktion in dem dubiosen Onlineshop wurden seine Daten weiter gehandelt.
W. liess seine Karte anschliessend sperren. «Das Geld ist jetzt weg», so der Unternehmer. Der Schweizer hat im Anschluss an den Betrug Anzeige erstattet. Hinzu kommt: W. hat selber ein Strafverfahren am Hals, da der Import des bestellten Medikamentes verboten ist. Dies verschwieg ihm der «Mitarbeiter» am Telefon ebenfalls.
Rückblickend ärgert er sich über seine Leichtgläubigkeit. «Der Schlamassel ist meine Schuld und ich bin selbst dafür verantwortlich.» Er hat jedoch eine Botschaft: «Informiert euch gut und glaub nicht alles.» Falle man auf diese Netzwerke herein, drohen unter Umständen höhere Verluste oder Strafen.
Vorsicht vor Internetshops
Hinter «Doktor Internet» lauern eindeutige Gefahren. Betrüger machen sich die Anonymität des Internets zunutze und verkaufen Arzneimittel – ohne vorliegendes Rezept. Oft lohnt sich eine kurze Internetrecherche, wie Cybercrimepolice auf seiner Website schreibt. Bei dubiosen Internetshops erscheinen oftmals bereits Warnungen.
Die Schweizer Arzneimittelbehörde Swissmedic bestätigt, dass das Thema seit Jahren die Behörden beschäftigt. «Es tummeln sich viele kriminelle Netzwerke im Internet, die bewusst auf Swissness setzen. So sollen ihre Opfer beim Kauf von Arzneimitteln dem Angebot mehr vertrauen», erklärt Swiss Medic-Sprecher Lukas Jaggi im Gespräch mit Blick. Oft handelt es sich dabei um illegale Medikamente. Swissmedic rät: Bezieht keine Arzneimittel und Medizinprodukte aus unbekannten Quellen im Internet und aus sozialen Netzwerken. «Seriöse, bewilligte Online-Apotheken verlangen immer ein Rezept vom Arzt», betont Jaggi. Preise werden auch nicht am Telefon verhandelt. «Im vorliegenden Fall scheint es so, als ob sich die Betreiber finanziell bereichern wollten und dafür das Medikament als Lockmittel eingesetzt haben.»