Der Islamische Zentralrat (IZRS) polarisiert. Regelmässig sorgen seine Vertreter mit ihren Aussagen und Aktionen für Ärger. Jüngstes Beispiel: der Handschlag-Streit in Therwil BL. Monatelang hat die radikale Gruppe von Präsident Nicolas Blancho (33) die Muslim-Brüder N.* und A.* (14 und 15) beraten. Am Ende eskalierte der Konflikt zwischen Schülern und Lehrern (BLICK berichtete).
Aber die Teenager wurden vom IZRS nicht nur ausserhalb der Schule betreut. Auch beim Gespräch zwischen der Sekundarschule Känelmatt und der Familie war ein IZRS-Vertreter dabei. Doch wieso durfte der radikale Zentralrat überhaupt mit der Schule verhandeln?
BLICK erhält von der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion Basel-Landschaft eine überraschende Antwort: «Die Schule hat der Familie angeboten, dass sie eine Vertrauensperson mitnehmen könne», so Sprecherin Deborah Murith. Dafür gebe es rechtliche Grundlagen, allerdings wünschten dies Eltern nur selten. Dass es sich in diesem Fall um eine Vertreterin des IZRS handeln würde, habe man nicht gewusst.
Üblich ist dieses Vorgehen nicht. «Ich finde die Einmischung des IZRS ins Elterngespräch falsch», so Christoph Eymann, Bildungsdirektor von Basel-Stadt und Präsident der Erziehungsdirektorenkonferenz, zu BLICK. Elterngespräche sollten vorrangig zwischen der Schule und den Erziehungsberechtigten stattfinden, findet der LDP-Politiker.
Einzelfall wirft auf alle Muslime ein schlechtes Licht
Eymann führt aus: «Wir haben 7000 muslimische Schulkinder im Kanton Basel-Stadt. Als vor einigen Jahren die ganze Schweiz über den Schwimmunterricht diskutierte, war der Auslöser, dass zwei Familien Probleme damit hatten. Das zeigt, Einzelfälle sorgen dafür, dass eine ganze Religionsgemeinschaft öffentlich negativ dargestellt wird.»
Auch für SP-Politiker und Ex-Lehrer Matthias Aebischer ist klar: Wenn die Schulleitung mit dem IZRS separat das Gespräch suchen wolle, um dessen Rolle zu verstehen, könne sie das tun. «Dann muss das aber sauber getrennt werden», sagt Aebischer.
«Integration massiv erschwert»
Das Verhalten der Schule bewertet Bernard Gertsch (63), Präsident des Verbands der Schulleiterinnen und Schulleiter Schweiz, ebenfalls als ungewöhnlich. Dass ein Schüler aus religiösen Gründen einen Beistand wünscht, habe er noch nie gehört. Im Fall der Handschlag-Verweigerer hätte er wohl genauso gehandelt wie die Schulleitung. «Es ist besser, wenn direkt argumentiert werden kann. Ich hätte der Vertreterin gesagt, dass sie mit ihrer Haltung die Integration massiv erschwert.»
IZRS vertritt keine Mehrheit
Für Nationalrat Walter Wobmann hingegen ist jeglicher Dialog mit den radikalen Muslimen ausgeschlossen. «Mit dem IZRS ist die extremste Islamistengruppe der Schweiz involviert. Ein fürchterlicher Skandal», so der SVP-Politiker. Ähnlich sieht es auch IZRS-Aussteiger Oscar Bergamin (51): «Der IZRS will für die Muslime sprechen, tut es aber nicht. Die grosse Mehrheit fühlt sich von ihm nicht vertreten. Alles ist auf Provokation ausgelegt.»
Was bei dem Gespräch in Therwil herausgekommen ist, ist bekannt: Die Brüder haben Recht bekommen, sie müssen den Lehrerinnen nicht mehr die Hand schütteln – den Lehrern allerdings auch nicht. Für die Schule eine Schlappe. Der Islamische Zentralrat hingegen brüstet sich mit dem Ergebnis. Gegenüber BLICK nennt Sprecher Qaasim Illi ihn sogar als ein «Beispiel gelungener interkultureller Kommunikation».
* Namen der Redaktion bekannt