Zu Tausenden versammelten sich am Samstag Menschen vor dem Bundeshaus in Bern, um gegen den Krieg in der Ukraine zu demonstrieren. Es wurden Schweizer- und Regenbogenflaggen geschwungen, das Kriegsende gefordert und Glocken geläutet. Willkommen sei jeder, der für Frieden ist, erklärte die Bewegung Massvoll, die die Demo organisierte. Die Demonstration war von der Polizei bewilligt.
Auch Massvoll-Chef Nicolas Rimoldi (26) und SVP-Nationalrat Andreas Glarner (60) traten bei der Friedensdemo auf die Bühne.
«Nicht rechts, nicht links», lautete das Motto der Kundgebung. Doch die Realität war eine andere: Videos zeigen, wie die Freiheitstrychler laut im Chor den Schlachtruf «Harus!» schreien. Für Historiker Martin Lengwiler (58) von der Universität Basel handelt es sich dabei klar um einen rechtsextremen Akt. «Er ist vergleichbar mit dem Hitlergruss», sagt er zu Blick.
Schlachtruf ist hochproblematisch
«Die Frontistenbewegung war eine nationalsozialistisch gesinnte Bewegung in den 1930er-Jahren der Schweiz», beschreibt Lengwiler den Ursprung des Rufs. Sie seien von den damaligen Behörden teilweise verboten worden, weil sie mit den Nazis in Deutschland sympathisierten.
«Der Harus-Ruf wird häufig mit dem Führergruss kombiniert, also dem Emporheben der rechten Hand», sagt auch Jakob Tanner (72), Historiker für Schweizer Geschichte an der Universität Zürich. Beim Harus-Ruf handelt es sich um den wichtigsten Schlachtruf der «Frontenbewegung, die sich in der Schweiz ab 1930 formierte und die nach der Machtergreifung Hitlers in Deutschland Ende Januar 1933 einen starken Aufschwung nahm».
«Harus» ist Ausdruck der Sympathie mit Nazis
Positionieren sich die Freiheitstrychler damit offen rechts? Die Anfragen von Blick an die Freiheitstrychler und ihren Gründer Andy Benz (60) blieben unbeantwortet. Den faschistischen Harus-Ruf toleriert Massvoll. Rimoldi wiegelt jegliche Vorwürfe ab. «‹Harus› war der Schlachtruf der Alten Eidgenossenschaft», betont er gegenüber Blick. Experten sehen das anders.
«Der Harus-Ruf ist durchaus aus der Frühen Neuzeit überliefert, wurde aber im nationalsozialistischen und faschistischen Kontext der 1930er-Jahre mit einer neuen, antidemokratischen und gewaltverherrlichenden Bedeutung aufgeladen», so Tanner. Wer heute «Harus» rufe, zeige seine Sympathie zum Rechtsextremen.
«Einige sind rechtsextrem»
Roland Schätti (55), ehemaliges Mitglied und Aushängeschild der Freiheitstrychler, sagte vor einem Jahr bereits zu Blick: «Einige in der Gruppe sind rechtsextrem und eine Gefahr für die Gesellschaft.»
Konsequenzen hat der Harus-Ruf bei der Friedensdemo am Samstag aber keine für die Freichteitstrychler. Rimoldi wertet die Demonstration als «vollen Erfolg». Auf Twitter nimmt er die Trychler in Schutz und schreibt: «Weil sie keine inhaltlichen Argumente gegen die Reden, Redner, Z-Flaggen, Junge Tat oder sonst was finden, mühen sich die Kriegstreiber an den Freiheitstrychlern ab.»