Flüchtlingsarbeit ist sein täglich Brot. Das Hilfswerk Noiva unterstützt seit Jahren syrische Flüchtlinge in Jordanien, seit kurzem auch jesidische Vertriebene im irakischen Kurdistan. Das nächste Projekt für den engagierten Entwicklungshelfer aus Winterthur ZH: eine Containerstadt mit 14'000 Unterkünften für Inlandsflüchtlinge im Süden der Ukraine.
Doch das, was Andreas «Andi» Kunz (66) und seine Ehefrau Elsbeth (64) in den vergangenen Monaten in ihrem Wohnort erlebten, schockt sogar den hartgesottenen Profi. «Ich hätte nie gedacht, dass uns so etwas passiert», sagt Andi Kunz.
Das Ehepaar Kunz hat eine Viereinhalb-Zimmer-Anliegerwohnung, die es über Airbnb vermietet. «Wir hatten eine Anfrage aus Kiew vor Kriegsbeginn», erzählt Elsbeth Kunz (64), «die Familie wollte vom 19. bis 26. März 2022 die Wohnung buchen für Ferien in Zürich». Das Ehepaar reist mit zwei Kindern an (5 und 10 Jahre alt), ein drittes (heute 18) folgt später. Da war der Krieg in der Ukraine bereits ausgebrochen. Auf dem Parkplatz steht fortan ein neuer Mercedes-SUV im Wert von über 100'000 Franken.
Aus Ferien wird Flucht
Wegen der Invasion will die Familie nicht zurück nach Kiew. Aus den Schweiz-Ferien wird eine Flucht. Andi und Elsbeth Kunz wollen helfen. Ivan (52) und Natasha P.* (32) und ihre Kinder dürfen länger in der Wohnung bleiben. Sie beantragen Sozialleistungen bei der Gemeinde Wiesendangen ZH, erhalten monatlich Geld. Auch Miete und Krankenkasse übernimmt das Amt. Die Kids werden eingeschult und von allen mit offenen Armen empfangen. «Wir wurden Freunde», erinnert sich Andi Kunz, «doch dann geschahen Dinge, die uns stutzig machten.»
Kaum eingerichtet, lässt der ukrainische Vater das Zweitauto der Frau nachholen. Ein Range Rover. «Sie lebten in Saus und Braus», erzählt Andi Kunz, «sie machten Ferien in Luxus-Resorts in Österreich, liehen sich einen Camper für Glamping-Ferien am Lago Maggiore.» Als dann Natasha zu ihrem Geburtstag eine Louis-Vuitton-Tasche für 3000 Franken und Tiffany-Ohrringe im Wert von weiteren 1000 Franken von ihrem Mann bekam, begann Andi Kunz nachzuforschen.
Blühender Handel mit Lachs und Kaviar
Es stellt sich heraus: Ivan P. ist ein wohlhabender Mann. Er hat eine Villa und eine Stadtwohnung in Kiew. Der Catering-Unternehmer handelt mit Edel-Food wie Sushi, Lachs und Kaviar, weiss Andi Kunz. Ivans Ehefrau Natasha, ein ehemaliges Model, hat ein eigenes Mode-Label.
Auch die Gemeinde wird skeptisch. Wiederholt hatte sie nach Einkünften aus der Ukraine gefragt, aber keine rechte Antwort erhalten. Im November 2022 stellt Wiesendangen die Sozialhilfe ein. «Jetzt müssen die Ukrainer die Leistungen in Höhe von 57'000 Franken an die Gemeinde zurückzahlen. Es gibt ein Strafverfahren», sagt Andi Kunz, «ab Februar 2023 mussten wir nun einen Mietvertrag aufsetzen, da die Gemeinde die Miete nun nicht mehr übernahm».
Ukrainer hinterlassen völlig verwahrloste Wohnung
Die geforderte Kaution von 4500 Franken zahlt die ukrainische Familie nie, und nach ein paar Monaten bleibt auch die Miete weg. Ende April 2023 ziehen die Ukrainer plötzlich aus. «Wir gingen in die Wohnung und fanden einen Saustall vor», so Andi Kunz weiter, «alles war verdreckt. Die Toiletten waren kaputt. Der Teppichboden hatte Brandflecke. Bettzeug, Geschirr und Besteck – alles konnte man nur noch wegschmeissen». Gesamtschaden: 16'000 Franken! Die Familie Kunz will zwei Monatsmieten, die 4500 Franken Kaution und 2700 Franken für die Endreinigung von der ukrainischen Familie.
«Anfang Juli standen Ivan, eine ukrainische Anwältin und ein, wie sie sagten, Mann von der Presse, wieder vor unserer Tür. Ivan wollte die Schlüssel für die Wohnung haben und wieder einziehen», erzählt Andi Kunz weiter. Sie hätten herumgebrüllt, gedroht und erst wieder das Feld geräumt, als Familie Kunz die Polizei anrief. «Ich habe mich in unserem Ort immer sicher gefühlt, jetzt habe ich richtig Angst», sagt Elsbeth Kunz.
Zum Fall der Ukrainer könne die Gemeinde nichts sagen, sagt Gemeindeschreiber Martin Schindler gegenüber Blick, «wir dürfen über laufende Verfahren keine Auskunft geben». Ein bitterer Nachgeschmack bleibt. Denn die Gemeinde sei ja froh, wenn auch Private Wohnraum zur Verfügung stellen, «der Wohnraum in Wiesendangen ist knapp», so Martin Schindler.
Blick kontaktierte die ukrainische Familie für eine Stellungnahme. Jegliche Kontaktversuche blieben unbeantwortet.
* Name geändert