High Heels von Jimmy Choo, Handtaschen von Hermès und Kleider des St. Galler Labels Akris: Ein Leben in Luxus – ein Traum, den sich eine Frau in der Schweiz verwirklichte. Mit 40 zog die gebürtige Deutsche nach Luzern und etablierte sich im Geschäft mit Schmiedepressen. Schnell stieg sie auf – bald fand sie sich an der Spitze einer Luzerner Handelsfirma wieder. Wie sie es dazu brachte, bleibt unklar. Die Frau entpuppte sich nämlich als Betrügerin. Mit Schulden in Millionenhöhe, wie die «Luzerner Zeitung» berichtet.
Bekannt ist, dass die mittlerweile 74-Jährige eine Lehre als medizinische Assistentin absolviert hatte und in verschiedenen Praxen arbeitete. Bis sie hierherkam, muss sie ein normales Leben geführt haben. Als Geschäftsführerin der Handelsfirma gab sie vor, Maschinen anschaffen zu wollen. So sicherte sie sich hohe Beträge in Vorfinanzierungen – und Banken und Versicherungen vertrauten ihr.
Während ihrer Karriere schloss sie Deals in der Höhe von 400 Millionen Franken ab. Dabei liess sie ihre Geschäfte immer versichern, da sie wusste, die Bank würde die Details nicht extra nachprüfen. Zu Beginn ihres Lügenkonstrukts waren einige Geschäfte noch real.
Ein hoher Fall
Doch in Tat und Wahrheit nutzte die Frau das Geld für sich selbst. Sie besass Wohnungen in Ascona TI mit Blick auf den Lago Maggiore und in Kastanienbaum LU, wo sie zusammen mit ihrem Mann die Aussicht auf den Vierwaldstättersee genoss. Über die Jahre stieg ihr gesellschaftliches Ansehen – bis die Blase 2010 platzte. Aufgedeckt wurde der Betrug durch die Zürcher Bank Skandifinanz. Die Tochterfirma eines Luxemburger Geldinstituts zeigte die damals fast 60-Jährige an – und brachte ihr Kartenhaus aus Lügen zum Einsturz.
Der Fall wurde wegen seiner Grösse von der Bundesanwaltschaft übernommen. Doch schnell zeigte sich: Hier handelt es sich um einen der grössten Fälle von Wirtschaftskriminalität in unserem Land.
Akten wurden im Lastwagen zum Gericht gefahren
Der Fall füllte 1550 Bundesordner mit Akten – diese wurden mit einem Lastwagen zum Gericht gebracht – und wurde 11 Jahre lang ausgearbeitet. Erst 2021 stand die Betrügerin vor Gericht. Weil die Verfahrensdauer aber so lang war, wurde die Strafe um 50 Prozent gemindert: Die angebliche Unternehmerin wurde nur zu vier Jahren Gefängnis verurteilt.
Zu der Grösse des Falls kamen noch Wechsel in der Staatsanwaltschaft. Michael Lauber, der den Fall führte, trat zurück und übergab an einen privaten Anwalt aus Olten SO. Dieser funktionierte daraufhin als «ausserordentlicher Staatsanwalt». Noch vor dem Berufungsverfahren zur Strafverschärfung Anfang dieses Jahres zeigte sich jedoch: Ausserordentliche Staatsanwälte dürfen nur eingesetzt werden, wenn es um ein Verfahren gegen Leute innerhalb der Staatsanwaltschaft geht.
Somit wäre der Fall der mittlerweile erkrankten Betrügerin ausgeschlossen – die Anwaltschaft müsste alle Verfahrenshandlungen zurücknehmen und die Straftaten würden verjähren. Um die Rechtssicherheit zu garantieren, wurde deshalb das Berufungsverfahren für nichtig erklärt. Strafverschärfung wird deswegen nicht mehr möglich sein – auf ein rechtskräftiges Urteil wartet man noch immer. (zun)