Vor den Festtagen sitzt der Geldbeutel bei vielen Menschen lockerer als sonst. Man gönnt sich und seinen Liebsten gerne etwas Ausgefallenes. Die Ostertage sind also ein Traum für Detailhändler.
Der Terminus «Heu machen» erhält aber eine ganz neue Bedeutung, wenn man sein Osternest Festtags-konform auspolstern möchte. Sogenanntes Ostergras wird bei vielen grossen Detailhändlern der Schweiz nämlich teilweise zu horrenden Preisen verkauft. Dabei handelt es sich technisch gesprochen um nichts anderes als um getrocknetes Gras – also Heu.
Kilopreise wie Premiumfleisch
In der Migros wird der Beutel deutsches Ostergras mit 70 Gramm Inhalt zu einem Preis von 1.95 Franken angeboten (Kilopreis: knapp 28 Franken). Mehr als doppelt so teuer bieten Coop und Landi mit Kilopreisen zwischen 62 und 77 Franken das kostbare Weideprodukt an. Zum Vergleich: Lammfilet kostet in der Migros aktuell rund 60 Franken pro Kilogramm.
Über diese Preise täuschen auch nicht die sorgfältig gewählten Werbeslogans auf den bedruckten Plastikverpackungen hinweg. Dabei ist unter anderem die Rede von «naturreinem Bergwiesenheu» (Coop) oder «Ostergras aus natürlichem Bergwiesenheu» (Landi). Ähnliche oder gar identische Bezeichnungen finden sich nämlich auch auf hochwertigem Futterheu für Kleintiere, nur zu ungleich tieferen Preisen.
Detailhändler erklären sich
Auf Blick-Nachfrage geraten die Detailhändler in Erklärungsnot. Beim teuersten Produkt im nationalen Vergleich, dem «Bergweidenheu» der Landi, das ab 77 Franken pro Kilo angeboten wird und aus dem deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen stammt, erklärt die Medienstelle den Preisaufschlag folgendermassen: «Der höhere Preis gegenüber herkömmlichem Futterheu ergibt sich aus dem aufwendigeren Herstellungsverfahren. Das Heu muss viel feiner und «kleiner» sein und die Abfüllung in 150-Gramm-Säcke ist mit mehr Aufwand verbunden.»
Optisch unterscheidet sich das Produkt allerdings nicht von gewöhnlichem Kleintier-Futterheu. Der Preisaufschlag zu vergleichbarem Futterheu für Kleintiere beträgt hierbei rund das 40-Fache.
Auch Coop weist auf Blick-Anfrage auf die teurere Herstellung hin: «Das Bergwiesenheu für Dekorationszwecke ist effektiv Heu, das speziell zu einem sehr feinen und hochwertigen Heu verarbeitet wird.» Der Preis für ein Kilogramm beträgt rund 62 Franken. Vergleichbares «Bio-Kräuterheu» für Kleintiere wird im Coop indes für 7.30 Franken pro Kilogramm angeboten, ohne sich visuell erkennbar vom teuren Ostergras zu unterscheiden.
Die Migros wiederum weist auf Anfrage darauf hin, dass die Preise für «Bergwiesenheu» seit 2019 nicht erhöht worden sind. Mit einem Kilopreis von knapp 30 Franken, rangiert der orange Riese aber auch in Sphären, die ein Mehrfaches der vergleichbaren Produkte auf dem Markt betragen.
Es geht auch günstiger
Für die Sparfüchse an dieser Stelle ein Tipp: Beim Heimtierbedarf findet sich vielmals ebenfalls «100 Prozent natürliches Bergwiesenheu», als Futtermittel für Kleintiere auch für das kleinere Budget. Bei «Fressnapf» zum Beispiel erhält man online für gerade einmal 1.95 Franken ein ganzes Kilo des wertvollen Wiesenheus. Ohne optische Einschränkungen spart man damit im besten Fall rund 75 Franken pro Kilo.
Wer gar die ganze Nachbarschaft mit Ostergras versorgen möchte – oder ins einträgliche Geschäft mit dem Ostergras einzusteigen gedenkt – kann sich auch zum Landwirt seines Vertrauens wenden. Dort erhält man 100 Kilogramm belüftetes Schweizer Bio-Heu ab 49 Franken oder für weniger als 50 Rappen pro Kilo.