SBB stoppt Verbindung nach Italien
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Fiebermessen im Zug unmöglich:SBB stoppt Verbindung nach Italien

Keine Züge mehr nach Italien
Tessin empört sich über SBB-Entscheidung

Ab kommenden Donnerstag bleiben Schweizer Züge an der Tessiner Grenze stehen. Grund: Die SBB können Italiens Corona-Massnahmen nicht garantieren. Nicht nur Pendler ärgern sich über diese Entscheidung, sondern auch Politiker und Vertreter der Tessiner Wirtschaft.
Publiziert: 09.12.2020 um 07:30 Uhr
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Aktualisiert: 09.12.2020 um 10:07 Uhr
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Fahren nur noch bis nach Chiasso TI: SBB-Züge überqueren jetzt nicht mehr die Grenze in die Lombardei.
Foto: PIUS KOLLER
Myrte Müller

Der strenge Corona-Kurs aus dem fernen Rom trifft das Tessin an einem empfindlichen Nerv. Premier Giuseppe Conte (56) fordert, dass bei jedem Zug-Passagier die Temperatur gemessen wird. Unmöglich bei rund 5000 Pendlern täglich, die über die Schweizer Grenze ins Tessin reisen, meinen die SBB und ziehen nun die Notbremse. Ab Donnerstag rollt kein Zug mehr über die italienische Grenze. Wer dennoch mit dem ÖV zur Arbeit in die Schweiz will, müsste beispielsweise am Bahnhof Como (I) aussteigen, über die Grenze marschieren und kann dann vom Bahnhof Chiasso TI weiterfahren. Das gleiche gilt für Reisende aus der Provinz Varese.

Regazzi: Wirtschaft ist angewiesen auf Grenzgänger

Eine Zumutung, findet Fabio Regazzi (58). «Unsere Wirtschaft ist angewiesen auf die Grenzgänger aus Italien. Solche Einschränkungen treffen besonders Spitäler und Altenpflegeheime», sagt der CVP-Nationalrat und Präsident des Tessiner Industrieverbands. Jetzt würden der Autoverkehr wieder zunehmen und die Grenzübergänge verstopfen. Vor allem ärgert sich der Tessiner Unternehmer darüber, wie Italien über den Kopf der Schweizer hinweg bestimmt. «Die Art und Weise ist inakzeptabel. Man hätte sich vorher mit dem Bund beraten müssen.»

Unvorbereitet trifft es auch die kantonalen Spitäler (EOC). «Die Nachricht über die Einstellung des Bahnverkehrs macht uns einige Sorgen», sagt Adriana Degiorgi von EOC gegenüber BLICK, «es könnte auch für unsere Spitäler ein Problem darstellen ebenso wie für andere Einrichtungen, die Grenzgänger im Personal beschäftigen.» In den nächsten Tagen würde über Ausmass des Problems intern diskutiert, so die Verantwortliche für Sicherheit und Qualität im Patientenbereich, um eventuelle Lösungen zu finden. Zudem wolle man Klarheit schaffen zur korrekten Befolgung der von Italien auferlegten Corona-Massnahmen.

Extra-Züge für Pendlerverkehr ins Tessin

Doch auch in der Lombardei wird Kritik laut. In einem Interview mit dem «Corriere del Ticino» wettert Lega-Politiker Attilio Fontana gegen die Regierung Conte. «Es ist ganz klar, wir können nicht den Grenzverkehr unserer Pendler unterbrechen», sagt der Präsident der Region Lombardei, «die Leute müssen zur Arbeit fahren können.» Der Massnahmen-Katalog sei übereilt verabschiedet worden. Er müsse korrigiert werden. Für morgen sei ein Gespräch mit dem Verkehrsminister in Rom geplant. Fontanas Forderung: Extra-Züge für die Pendler.

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