Bio Suisse schwört, es sei «Schweiz drin, wo Schweiz draufsteht». Denn «Käse, Joghurt und Milch mit der Knospe stammen ganz aus der Schweiz – auch das Futter der Tiere».
Dieses Versprechen werden Biobäuerinnen und -bauern schon bald nicht mehr einhalten. Ab Januar 2024 dürfen sie wieder importiertes Getreide und Soja an ihre Kühe, Schafe und Ziegen verfüttern. Nach fünf Jahren soll das Futter wieder zu 100 Prozent aus der Schweiz kommen. So beschlossen es die Bio-Suisse-Delegierten vergangene Woche mit einer knappen Mehrheit.
Das Problem: Viele Biolandwirte setzen auf Kuhrassen, die viel Milch geben, aber auch eiweissreiches Kraftfutter wie Soja benötigen – und davon wächst in der Schweiz nur sehr wenig. Bio Suisse sagt gegenüber SonntagsBlick, dass man nun noch mehr Betriebe davon überzeugen wolle, in der Schweiz Biosoja für Futtermittel anzubauen.
Die Kleinbauern-Vereinigung hält das für einen Irrweg. «Die Schweiz hat wenig Ackerfläche. Diese sollten wir für die menschliche Ernährung nutzen», sagt Co-Geschäftsleiterin Barbara Küttel.
Im Hügel- und Berggebiet gebe es genügend Naturwiesen und Weideland. «Es kann nicht sein, dass man Getreide und Soja aus dem Ausland importiert, während Flächen in den Alpen nicht richtig genutzt werden und verbuschen.» Viele Bauern setzten weiterhin auf «Hochleistungskühe mit maximaler Milchleistung», weil sie keine Mengeneinbussen in Kauf nehmen wollen – oder «aus Züchterstolz».
An der Bio-Suisse-Delegiertenversammlung aber kam es zu heftigen Diskussionen. Der Vertreter von Bio Zug monierte, gewisse Betriebe hätten ihre «Hausaufgaben nicht gemacht» und müssten daher weiter Kraftfutter einsetzen. Und der von Bio Zürich-Schaffhausen gab zu bedenken: «Wir ärgern uns, wenn die Konsumenten am Wochenende ins Ausland einkaufen gehen. Wir Bioproduzenten würden uns unglaubwürdig machen, wenn wir grundsätzlich zum Import zurückgingen.»
Produktionsgewohnheiten sollen umgestellt werden
Andere hingegen hielten fest, es sei vor allem im Berggebiet herausfordernd, Biomilch zu produzieren und finanziell über die Runden zu kommen. Man könne von den Biobauern nicht immer mehr verlangen. Bio-Suisse-Präsident Urs Brändli rief dazu auf, die Übergangsfrist zu nutzen, um Produktionsgewohnheiten umzustellen: «Wir haben sehr viele gute Beispiele, an denen wir zeigen können, wie man es anpacken kann.»
Im Gegensatz zu konventionellen Betrieben, die grosse Mengen Kraftfutter importieren dürften, sei Bio Suisse bereits auf einem guten Weg, kommentiert Laura Spring, Geschäftsführerin des Vereins Vision Landwirtschaft, der sich immer wieder mit Studien in die Agrardebatte in der Schweiz einmischt.
490'000 Tonnen Kraftfutter - jedes Jahr
Bei Bio-Suisse-Kühen darf das Futter zu 5 Prozent aus Kraftfutter bestehen, davon dürfen während der Übergangszeit höchsten 5 bis 10 Prozent aus dem Ausland kommen. «Eigentlich dürfte der Bund gerne die Regeln auf alle Bauern ausweiten, die sich die Bio-Suisse-Bäuerinnen freiwillig auferlegen.»
Die Schweiz, erklärt Spring, importiere jedes Jahr gut 490'000 Tonnen Kraftfutter für Kühe, vor allem aber auch für Schweine und Geflügel. Und beanspruche so Ackerflächen in anderen Ländern, die dort für die Produktion von Lebensmitteln genutzt werden könnten.