Für ihren Trip auf eine Baleareninsel hatte Claire* das Wichtigste im Handgepäck: Flugticket, Hotelreservation, negativer Covid-Laborbefund. Allerdings hat Claires Nasenhöhle noch nie ein Teststäbchen berührt: Ihr Testresultat war eine täuschend echt wirkende Fälschung.
Das bereits strapazierte Ferienbudget habe sie zum Tricksen bewogen, gesteht Claire. Denn: «150 Franken für einen Abstrich finde ich übertrieben. In Frankreich ist der Test gratis, auch dann, wenn man damit ans Meer fahren will.» Die Kontrollen passierte sie mit dem Fake-Test ohne Probleme. «Zwar musste ich das Dokument zweimal vorweisen – beim Abflug am Flughafen Genf und bei der Ankunft –, aber beide Male hat man mich passieren lassen.»
Steigende Temperaturen treiben die Ferienbuchungen in die Höhe, in vielen Kantonen beginnen an diesem Wochenende die Schulferien. Und vor Antritt der Reise sollen Corona-Tests vor Infektionen warnen. Doch Claire ist nicht die Einzige, die den Aufwand für einen Abstrich scheut. SonntagsBlick weiss von mehreren Personen, die in den letzten Wochen mit gefälschten Tests ins Ausland reisten.
Edie*, Mitte 20, fuhr mit manipuliertem Dokument, aber ohne schlechtes Gewissen nach Paris: «Dank meinem ersten Impfshot verfüge ich bereits über einen gewissen Schutz und finde es übertrieben, dass ich nun den zweiten Piks abwarten oder extra zum Test antraben soll.»
Mit Photoshop gebastelt
Laut der britischen BBC sind erfundene Dokumente mühelos im Darknet zu kaufen. Mit den richtigen Kontakten im Bekanntenkreis geht es sogar einfacher: Edie genügte eine Whatsapp-Nachricht mit persönlichen Angaben wie Name und Reisepassnummer, um eine Stunde später von einer Social-Media-Freundin für Corona-negativ erklärt zu werden.
Claire vereinbarte statt eines Termins in der Apotheke ein Treffen mit ihrem Hanfdealer, der seit ein paar Monaten im Nebengeschäft mit Papier statt Gras handelt. Beide bezahlten für ihren Fake-Covid-Test weniger als 30 Franken.
Noch günstiger ist die Do-it-yourself-Version von Leserin Lena*: «Ich habe das Datum eines alten Tests von mir per Photoshop abgeändert.» Sogar mit dieser Laienvariante kam sie ohne Probleme durch: «Als ich an der Grenze kontrolliert wurde, war ich sehr nervös. Aufgeflogen bin ich aber nicht.»
Es sind nur Einzelfälle
Wie häufig gefälschte Belege eingesetzt werden, ist unbekannt. Airlines prüfen die Corona-Testergebnisse in erster Linie auf die Einhaltung formaler Vorgaben (Zeitpunkt des Abstrichs, Art des Tests), nicht aber auf Echtheit.
Die Eidgenössische Zollverwaltung, deren Beamte an Schweizer Grenzübergängen risikobasiert Kontrollen durchführen, spricht von Einzelfällen. Mediensprecherin Tabea Rüdin: «Unsere Mitarbeitenden werden in ihrer Ausbildung spezifisch geschult, um gefälschte Dokumente zu erkennen. Zudem sind wir in internationale Netzwerke eingebunden, die uns ebenfalls mit Informationen versorgen.»
Bis zu 5 Jahre Haft
Da kurz vor Ferienbeginn die Termine in vielen Testzentren ausgebucht sind (Blick berichtete), ist es nicht mehr als eine Hoffnung, dass keine weiteren Fälscher auf den Plan treten.
Sicher ist: Wer einen manipulierten Corona-Test nutzt, riskiert viel – laut Strafrechtsprofessor Andreas Eicker von der Universität Luzern bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe wegen Urkundenfälschung. In Einzelfällen sei auch eine Geldstrafe möglich. Keine gute Idee also, weder gesundheitlich noch rechtlich.
Bleibt zu hoffen, dass das Covid-Zertifikat die simplen Laborbestätigungen bald verschwinden lässt – und Fakes in den Shutdown verbannt.
* Namen geändert