«Ich habe meine Hände bis aufs Blut geschrubbt»
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Waschzwang in der Corona-Krise:«Ich habe meine Hände bis aufs Blut geschrubbt»

Silvia Hofmann über ihren Waschzwang und Corona
«Ich habe meine Hände bis aufs Blut geschrubbt»

Silvia Hofmann aus Oberherten TG überwand nach vielen Jahren Therapie ihren Waschzwang. Doch dann kam die Corona-Krise, die ganze Welt wird angehalten, so oft wie möglich die Hände zu waschen. Für die 42-Jährige eine harte Prüfung.
Publiziert: 24.08.2020 um 23:15 Uhr
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Aktualisiert: 06.03.2021 um 22:05 Uhr
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Silvia Hofmanns Waschzwang beginnt in ihrer Kindheit.
Foto: Celina Euchner
Celina Euchner

Unsicherheit. Einsamkeit. Angst. Die Corona-Krise machte uns krank (BLICK berichtete). Gerade im Lockdown hatten viele Schweizer mit der Psyche zu kämpfen. Depressions-Betroffene wie Mirco Deflorin (44) müssen zurück in die Therapie. Der Lockdown brachte die Dämonen zurück.

Mirco Deflorin ist kein Einzelfall. Auch Silvia Hofmann (42) aus Oberherten TG bekam grosse Angst in der Corona-Krise. Nicht vor dem Virus, sondern vor einem Rückfall. Ihr Problem: Hände waschen. Gründlich einseifen, danach alles gut abspülen. Was der ganzen Welt in der Krise empfohlen wird, ist für Hofmann seit Kindheit belastende Routine.

Waschzwang-Betroffene landete in der Psychiatrie

Jahrelang litt die 42-Jährige unter einem Waschzwang. Die Thurgauerin musste sich ihre Hände waschen. Immer und immer wieder. Die Krankheit machte sie kaputt. Nach einem Zusammenbruch kam sie in eine Psychiatrie. Es folgten Jahre der Therapie. Danach hatte sie die Zwangsstörung im Griff. Erstmals.

«Am Anfang der Krise habe ich schon noch mal gründlicher die Hände gewaschen», sagt sie zu BLICK. Ein Rückfall in alte Verhaltensmuster drohte. Doch Silvia Hofmann blieb stark, lenkte sich mit Hobbys ab. Backen, Malen, Gärtnern. Es klappt. Heute geht sie nicht öfters zum Lavabo als andere.

Sie wusch sich alle 10 Minuten die Hände

Der Zwang bestimmt nicht mehr ihr Leben. Das war nicht immer so. Früher wusch sie sich alle zehn Minuten ihre Hände. Schrubbte immer wieder über die Haut. «Meine Hände habe ich so lange gewaschen, bis sie geblutet haben.» Wurde sie währenddessen unterbrochen, reagierte sie aggressiv.

Die Zwangsstörung entwickelte sich in ihrer Kindheit. Und es wurde immer extremer. «Meine Eltern hatten am Abend kein heisses Wasser mehr», so die Thurgauerin. Sie habe keine Angst vor Viren und Krankheiten. «Bei mir ist das der Ekel.»

Wo fängt Zwang an?

Ein Waschzwang entwickelt sich in der Regel schleichend. Die Verhaltensstörung entsteht als Folge vieler Faktoren. Darunter genetische, psychische und soziale. So kann ein traumatisches Erlebnis eine Zwangsstörung auslösen.

Doch wo endet die normale Hygiene und wo fängt Zwang an? Und wie entwickelt sich eine solche Störung? Genau das erklärt Sebastian Olbrich vom Zentrum für Soziale Psychiatrie in der psychiatrischen Universitätsklinik Zürich.

Habe ich den Herd ausgemacht, das Glätteisen ausgesteckt? Sind das normale Gedanken oder Zwänge?

Sebastian Olbrich: An sich sind das ganz normale Gedanken. Sich diese Fragen zu stellen, ist nicht krankhaft. Es tendiert zum Zwang, wenn man das wiederholt kontrollieren muss, weil der Gedanke nicht weggeht.

Ab wann ist mein Verhalten ein Zwangssymptom?

Das dauert eine Zeit. Wenn das einmal vorkommt, in einer akuten Stresssituation, dann handelt es sich noch nicht um einen Zwang. Wenn das Verhalten anfängt, für einen selbst oder das Umfeld belastend zu werden, kann es zum Zwang werden.

Können Pandemien den Ausbruch eines Waschzwanges auslösen?

Das ist prinzipiell möglich. Zwangsgedanken können sich dadurch verstärken. Es ist jedoch weniger wahrscheinlich, dass der Zwang nur dadurch ausgelöst wird. Die meisten, die es dann entwickeln, gehörten bereits vorher zu einer Risikogruppe.

Was kann ich tun, wenn ich durch Corona zum Waschzwang tendiere?

Man muss sich überlegen, wie stark der Waschzwang schon ist. Gibt es körperliche Folgen wie wunde Hände? Sind die Symptome für mich oder mein Umfeld belastend? Dann sollte man zum Hausarzt gehen oder einen Therapeuten konsultieren. Interview: Celina Euchner

Sebastian Olbrich, Stv. Leiter Zentrum für Soziale Psychiatrie in der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich.
zvg

Ein Waschzwang entwickelt sich in der Regel schleichend. Die Verhaltensstörung entsteht als Folge vieler Faktoren. Darunter genetische, psychische und soziale. So kann ein traumatisches Erlebnis eine Zwangsstörung auslösen.

Doch wo endet die normale Hygiene und wo fängt Zwang an? Und wie entwickelt sich eine solche Störung? Genau das erklärt Sebastian Olbrich vom Zentrum für Soziale Psychiatrie in der psychiatrischen Universitätsklinik Zürich.

Habe ich den Herd ausgemacht, das Glätteisen ausgesteckt? Sind das normale Gedanken oder Zwänge?

Sebastian Olbrich: An sich sind das ganz normale Gedanken. Sich diese Fragen zu stellen, ist nicht krankhaft. Es tendiert zum Zwang, wenn man das wiederholt kontrollieren muss, weil der Gedanke nicht weggeht.

Ab wann ist mein Verhalten ein Zwangssymptom?

Das dauert eine Zeit. Wenn das einmal vorkommt, in einer akuten Stresssituation, dann handelt es sich noch nicht um einen Zwang. Wenn das Verhalten anfängt, für einen selbst oder das Umfeld belastend zu werden, kann es zum Zwang werden.

Können Pandemien den Ausbruch eines Waschzwanges auslösen?

Das ist prinzipiell möglich. Zwangsgedanken können sich dadurch verstärken. Es ist jedoch weniger wahrscheinlich, dass der Zwang nur dadurch ausgelöst wird. Die meisten, die es dann entwickeln, gehörten bereits vorher zu einer Risikogruppe.

Was kann ich tun, wenn ich durch Corona zum Waschzwang tendiere?

Man muss sich überlegen, wie stark der Waschzwang schon ist. Gibt es körperliche Folgen wie wunde Hände? Sind die Symptome für mich oder mein Umfeld belastend? Dann sollte man zum Hausarzt gehen oder einen Therapeuten konsultieren. Interview: Celina Euchner

Halben Liter Seife pro Waschgang

Doch nicht nur Unmengen an Wasser verschlingt der Waschzwang. «Pro Duschgang brauchte ich eine Halb-Liter-Flasche Seife. Die habe ich über mich geschüttet – wie eine Süchtige», erklärt sie. In einem Jahr hat Hofmann über 20'000 Franken für ihren Zwang ausgegeben.

Damals ahnte sie noch nicht, dass sie krank ist. Erst mit 25 Jahren realisiert Hoffmann, dass sie unter Zwängen leidet. Nach dem Aufenthalt in der Psychiatrie lässt sie sich spezifisch behandeln. Zeitgleich therapiert sie sich selbst. Fährt ÖV, legt sich Hobbys zu, bei denen sie sich die Hände schmutzig macht.

Heute hat Hofmann die Zwangsstörung im Griff – selbst in der Krise. Das Mami sieht es positiv. Immerhin habe Corona auch etwas Gutes an sich. «Beim Einkaufen ist es jetzt so sauber wie nie zuvor.»

So geht Händewaschen richtig

Wie wäscht man sich die Hände richtig?

Rund 99,9 Prozent der Viren und Bakterien auf unseren Händen lassen sich durch korrektes Händewaschen eliminieren. Das klappt laut BAG durch die Kombination von Einseifen, Reiben, Abspülen und Trocknen. So geht's: Zunächst machen Sie die Hände unter fliessendem Wasser nass. Dann seifen Sie sie ein. Möglichst mit einer Flüssigseife. Reiben Sie die Hände aneinander, bis es schäumt. Seifen Sie auch die Handrücken ein. Waschen Sie zwischen den Fingern und auch die Handgelenke. Vergessen Sie nicht, auch unter den Fingernägeln zu waschen. Lassen sie Wasser über Ihre Hände laufen, bis kein Schaum mehr zu sehen ist. Dann sollten Sie Ihre Hände mit einem sauberen Handtuch abtrocknen.

Wann soll man sich die Hände waschen?
Die Hände sollten so oft wie möglich gewaschen werden. Auf jeden Fall aber, wenn man:

  • Essen zubereitet
  • isst
  • gehustet, geniest, geschnäuzt hat
  • nach Hause kommt
  • öffentliche Verkehrsmittel genutzt hat
  • Kranke besucht hat
  • auf der Toilette war
  • Kontakt mit Abfall hatte

Wie oft sollte man sich die Hände waschen?

Laut einer britischen Studie sollte man sich mindestens sechs bis zehnmal am Tag die Hände waschen, um das Risiko, sich mit Viren zu infizieren, zu minimieren.

Keystone

Wie wäscht man sich die Hände richtig?

Rund 99,9 Prozent der Viren und Bakterien auf unseren Händen lassen sich durch korrektes Händewaschen eliminieren. Das klappt laut BAG durch die Kombination von Einseifen, Reiben, Abspülen und Trocknen. So geht's: Zunächst machen Sie die Hände unter fliessendem Wasser nass. Dann seifen Sie sie ein. Möglichst mit einer Flüssigseife. Reiben Sie die Hände aneinander, bis es schäumt. Seifen Sie auch die Handrücken ein. Waschen Sie zwischen den Fingern und auch die Handgelenke. Vergessen Sie nicht, auch unter den Fingernägeln zu waschen. Lassen sie Wasser über Ihre Hände laufen, bis kein Schaum mehr zu sehen ist. Dann sollten Sie Ihre Hände mit einem sauberen Handtuch abtrocknen.

Wann soll man sich die Hände waschen?
Die Hände sollten so oft wie möglich gewaschen werden. Auf jeden Fall aber, wenn man:

  • Essen zubereitet
  • isst
  • gehustet, geniest, geschnäuzt hat
  • nach Hause kommt
  • öffentliche Verkehrsmittel genutzt hat
  • Kranke besucht hat
  • auf der Toilette war
  • Kontakt mit Abfall hatte

Wie oft sollte man sich die Hände waschen?

Laut einer britischen Studie sollte man sich mindestens sechs bis zehnmal am Tag die Hände waschen, um das Risiko, sich mit Viren zu infizieren, zu minimieren.


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