Unsicherheit. Einsamkeit. Angst. Corona belastet die Schweizer Bevölkerung. Die bislang grösste Gesundheitskrise des 21. Jahrhunderts hinterlässt bereits Spuren. Soziale Distanz, Jobverlust, Kurzarbeit und grosse wirtschaftliche Einbussen – all das kann die Corona-Pandemie mit sich bringen. Wie die Menschen damit umgehen, ist unterschiedlich. Einige genossen gar, dass der Alltag während des Lockdowns fast zum Stillstand kam – andere belasten die neuen Umstände schwer.
Die Psyche der Schweizer wurde in Mitleidenschaft gezogen. Marc Stutz, Leiter der Kommunikation der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich, sagt: «Nach dem Ende des Lockdowns war ein Patientenanstieg klar festzustellen.» Mittlerweile sei die Auslastung wieder auf dem Stand wie vor dem Lockdown. Das liege auch daran, dass wieder das volle Behandlungsangebot zur Verfügung stünde. Man verzeichne allerdings «einen Zuwachs bei Patienten mit Depressionen und Manien». Das sei so zu erwarten gewesen.
Genaue Zahlen zu allen Ängsten und den daraus resultierenden Behandlungen gibt es aktuell noch nicht. «Weil wir noch mitten in der Corona-Krise sind, können wir keine repräsentativen Aussagen machen», sagt Fulvia Rota von der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie.
Alkohol als weitere Gefahr
Die Corona-Pandemie birgt nebst Depressionen und Ängsten noch eine weitere Gefahr: Es wird häufiger zur Flasche gegriffen. Das erwartet das Kompetenzzentrum für Prävention und Forschung im Suchtbereich, Sucht Schweiz.
Auf seiner Website warnt es: Frühere Studien zum Alkoholkonsum in Krisensituationen zeigten, dass es einerseits zu einem Rückgang in der Gesamtbevölkerung, andererseits aber zu einem Anstieg in Teilgruppen gekommen sei. «Also eine Verschlimmerung des Alkoholkonsums vor allem bei Personen mit bereits vorherigem problematischem Konsum.» Weiter heisst es, dass die Corona-Krise – wie andere durch Katastrophen ausgelöste Krisen der öffentlichen Gesundheit – «sehr wahrscheinlich» bei einer Vielzahl von Menschen zu jahrelangen psychischen Problemen wie Schlafproblemen, Angststörungen, posttraumatischem Stress und Depressionen führen werde.
Auch Waschzwang möglich
Professor Sebastian Olbrich, stellvertretender Leiter des Zentrums für soziale Psychiatrie der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich, hält es gar für möglich, dass Menschen durch die Corona-Pandemie in Zwangsstörungen wie den Waschzwang verfallen könnten.
Ängste, die in der Bevölkerung herrschen, können sich unterschiedlich auswirken. Wer unsicher ist, sucht für sich nach Lösungen. Das kann laut Sektenexpertin Susanne Schaaf sogar so weit gehen, dass sich Verunsicherte in sektenartige Religionsgemeinschaften begeben.
Vielen Menschen geht es schlechter als vor der Pandemie – trotz gelockerter Massnahmen. Das hat die Studie «Swiss Corona Stress Study» der Universität Basel kürzlich ergeben. Über 10'000 Personen nahmen an der Online-Befragung teil. 40 Prozent gaben an, sich gestresster zu fühlen als vor dem Lockdown. Ebenso viele leiden unter Ängsten. Zwölf Prozent weisen nach eigenen Angaben depressive Symptome auf. Vor der Corona-Krise waren es drei Prozent. Als Gründe geben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Unsicherheit, veränderte Bedingungen bei der Arbeit oder in der Ausbildung, Zukunftsängste und die fehlenden sozialen Kontakte an. Rebecca Wyss
Vielen Menschen geht es schlechter als vor der Pandemie – trotz gelockerter Massnahmen. Das hat die Studie «Swiss Corona Stress Study» der Universität Basel kürzlich ergeben. Über 10'000 Personen nahmen an der Online-Befragung teil. 40 Prozent gaben an, sich gestresster zu fühlen als vor dem Lockdown. Ebenso viele leiden unter Ängsten. Zwölf Prozent weisen nach eigenen Angaben depressive Symptome auf. Vor der Corona-Krise waren es drei Prozent. Als Gründe geben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Unsicherheit, veränderte Bedingungen bei der Arbeit oder in der Ausbildung, Zukunftsängste und die fehlenden sozialen Kontakte an. Rebecca Wyss