Selbst Experten scheinen derzeit unschlüssig. Befinden wir uns noch immer in der pandemischen oder schon in der endemischen Phase der Coronavirus-Krise? Das wäre wichtig zu wissen, stützen Regierungen ihre Entscheidungen bezüglich Massnahmen doch auf den schweren oder aber leichteren Verlauf der Viruskrise.
In manchen Ländern fällt die Omikron-Welle nach einem starken Anstieg plötzlich steil ab – etwa in Grossbritannien, in den USA und in Südafrika. Auch in der Schweiz beginnen die Fallzahlen abzuflachen, es gibt weniger schwere Fälle. Dies nach Warnungen im Dezember, dass Omikron «nicht als Welle, sondern als Wand kommt», so die in Genf forschende Virologin Isabelle Eckerle (42).
Heute ist auch Eckerle unschlüssig, wo wir im Verlauf der Viruskrise stehen. Auf Twitter wirft Eckerle die Frage gleich selbst auf: «Sind wir noch in der Pandemie oder schon in der Endemie?» Eckerle mahnt zur Vorsicht. Auch wenn das Gröbste überstanden scheint, werde das Virus weiter krank machen und «weiterhin Entscheidungen von Politik und Gesellschaft zur Kontrolle benötigen».
Tanner sieht Sommer ohne Einschränkungen
Entwarnung gibt inzwischen auch Epidemiologe Marcel Tanner (69), ehemaliges Mitglied der Corona-Taskforce des Bundes. Tanner sieht einen Sommer ohne staatlich verordnete Einschränkungen. Schon bald seien flächendeckende Massnahmen wie Maskenpflicht und 2G nicht mehr nötig, so Tanner im Gespräch mit der «Sonntagszeitung».
Voraussetzung für die Rückkehr von Freiheiten sei, dass die Gesellschaft und jeder einzelne Verantwortung übernehme. Dazu gehöre auch, dass «wir uns weiterhin genügend impfen und boostern». Das Virus werde nicht einfach verschwinden. Es werde «weiterhin Corona-Ausbrüche geben, vielleicht sogar kleinere Wellen». Ausbrüche, die man künftig mit «gezielten punktuellen und freiwilligen Massnahmen beherrschen und eindämmen» könne.
Nach der Omikron-Welle müsse man auch mit breitem Testen und dem Massensammeln von Daten aufhören, so Tanner. «Die Prognosen werden mit den riesigen Datenmengen nicht besser, sie provozieren nur neue Ängste». Stattdessen gehöre das Coronavirus wie die Grippe behandelt. Stichproben sollen die Verbreitung überwachen. Testen lassen soll sich «grundsätzlich nur noch, wer Symptome hat, die auf Corona hindeuten». (kes)
