Gewerbsmässiger Menschenhandel, Förderung der Prostitution und Anwendung von Gewalt. Es sind schwere Vorwürfe, die einer 42-jährigen Ungarin am Donnerstag am Bezirksgericht Zofingen AG zur Last gelegt wurden. Die «Aargauer Zeitung» berichtete über den Prozess.
Zusammen mit ihrem ebenfalls ungarischen Lebenspartner soll sie eine junge Frau (19) mit Aussicht auf eine Stelle in einem Modegeschäft aus Ungarn in die Schweiz gelockt und zur Prostitution gezwungen haben.
Sie nahmen ihr Handy, Portemonnaie und Ausweispapiere weg und schickten sie von Etablissement zu Etablissement. Unter anderem in St. Gallen, Zürich, Luzern und an verschiedensten Orten im Aargau musste sie anschaffen gehen. Setzte sie sich zur Wehr, wurde sie von ihren Peinigern beschimpft, geschlagen und erniedrigt.
Sie wurde gezwungen, Fäkalsex anzubieten
Die mutmassliche Täterin machte Fotos vom Opfer und bot ihre Dienste auf diversen Plattformen im Netz an. Ihre Einnahmen knöpfte ihr die Täterin unmittelbar ab. Die junge Frau musste unter anderem Sexualpraktiken wie Fäkalsex, gewalttätigen Sex sowie ungeschützten Geschlechtsverkehr anbieten.
Schliesslich wurde die junge Frau von einem der Freier geschwängert. Wie es im Bericht heisst, musste sie trotzdem weiterhin anschaffen gehen. Unfassbar: Die Täterin und ihr Partner schlugen auf ihren Intimbereich und ihren Bauch ein, in der Hoffnung, dass sie das Kind verliert. Da dies ihnen nicht gelang, fuhren sie das Opfer zur Geburt in ein ungarisches Spital. Dort veranlassten sie eine Adoption des Kindes – gegen den Willen der Mutter.
Der Verteidigung der jungen Frau zufolge leidet die Frau noch heute stark darunter, nicht zu wissen, wo ihr Kind ist oder wie es ihm geht.
Täterin muss drei Jahre hinter Gitter
Doch wie kam es, dass die Leidensgeschichte der jungen Frau schliesslich zu einem Ende kam? Wie es im Bericht heisst, ist die Polizei dank einer mutigen Prostituierten auf die mutmassliche Täterin aufmerksam geworden. Die Frau hatte der Polizei gesteckt, dass eine Person in einem Rotlichtetablissement in Holderbank AG gegen ihren Willen festgehalten werde.
Wenige Wochen später konnte die mutmassliche Täterin schliesslich verhaftet werden. Bis zum Zeitpunkt des Prozesses am Donnerstag befand sie sich in Untersuchungshaft. Vor dem Bezirksgericht in Zofingen wurde die Frau nun zu dreieinhalb Jahren Gefängnis unbedingt verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Zudem muss sie dem Opfer eine Genugtuung von 25'000 Franken zahlen.
Die junge Frau lebt inzwischen wieder in Ungarn, wo sie auch eine Arbeitsstelle gefunden hat. Verarbeitet hat sie das Ganze jedoch keineswegs. Wie die Verteidigung vor Gericht schilderte, werde sie bei der Arbeit regelmässig von Flashbacks und Panikattacken eingeholt und laufe deshalb gar Gefahr, ihre Arbeitsstelle zu verlieren. (dzc)