Brian K.* (24) ist Ende Oktober in einen Spezialtrakt verlegt worden, den Zürich eigens für gewaltbereite Häftlinge baute. Offenbar hat der Problemhäftling dort noch am ersten Tag seine Zelle kaputt geschlagen.
Der unter dem Pseudonym «Carlos» bekannte Straftäter war als Jugendlicher bekannt geworden, der nur mit einem teuren Sondersetting von weiteren Straftaten abgehalten werden konnte. Als Häftling schuf er sich einen Namen als gefährlichster Gefängnisinsasse der Schweiz, der noch beim Gang im Spazierhof von mehreren Beamten in Kampfmontur begleitet werden musste. Dies, während der Gefangene an Händen und Füssen gefesselt war.
Der damals durchtrainierte Kickboxer sei heute nicht wiederzuerkennen. Aus dem 24-Jährigen sei ein fülliger Mann mit traurigen Augen geworden - der aber noch immer über ungestüme Kräfte zu verfügen scheint. Denn in einem Wutanfall hat er die wohl teuerste, speziell für ihn gebaute Gefängnisanlage der Schweiz demoliert.
Zurück in den «Bunker»
Um diese Sondereinsätze für den gefährlichen Häftling zu beenden, hat das Zürcher Gefängnis Pöschwies dieses Jahr für 1,85 Millionen Franken einen gesicherten Spezialtrakt gebaut: Zwei Zellen, die über Schleusen mit einem eigenen Spazierhof verbunden sind.
Die Anlage, die wie ein Raubkatzen-Gehege mit Innen- und Aussenbereich anmutet, ist ferngesteuert. Für den Preis eines Einfamilienhauses wurde extra vorgesorgt, dass eine unzerstörbare Anlage gebaut wurde.
Wie jetzt aber die «Schweiz am Wochenende» berichtet, sei Brian K. schon am ersten Tag nach dem Einzug am 27. Oktober «durchgedreht»: «Mit blossen Händen schlug er auf die Türen zum Spazierhof ein und beschädigte sie so schwer, dass sie seither nicht mehr benutzt werden können.» Der Ausnahmehäftling sitze nun wieder im «Bunker», wie Isolierzellen in der Pöschwies heissen.
«Carlos» sei in der Pöschwies gefährdet
Auf Anfrage, wie es möglich sei, dass so eine teure Anlage gleich kaputtgehe, sei das Zürcher Amt für Justizvollzug nicht eingegangen. Der Anwalt des Delinquenten hingegen war bereit zu erklären, wie es zur Eskalation gekommen sei. «Als Brian in die neue Spezialzelle kam, sah er dort eine Kamera, die alles in der Zelle aufnehmen konnte. Er fühlte sich einmal mehr veräppelt und hintergangen. Entsprechend wütend wurde er», so Rechtsanwalt Thomas Häusermann. Die Sicht hätte zwar mit einem Vorhang verdeckt werden können, doch das wusste Brian K. offenbar nicht.
Laut Häusermann sei die Sicherheit seines Mandanten in der Pöschwies nicht garantiert. Sowohl gegen Brian K. als auch einen Aufseher laufen Strafverfahren. Brian K. wurde 2019 erstinstanzlich verurteilt, weil er Personal verprügelt haben soll. Im Frühling 2021 kommt dieser Fall voraussichtlich vor das Obergericht. Ein weiteres ähnliches Verfahren gegen ihn ist hängig.
Anwalt Häusermann: «In dieser aufgeladenen Situation braucht es nicht viel, bis die Emotionen wieder hochgehen.» Sein Klient wolle nur eines: weg von dort, in ein anderes Gefängnis. Das sei die einzige Möglichkeit für einen Neuanfang. Nur so hätte er eine echte Chance.
Täglicher Spaziergang als Menschenrecht
Offenbar werde der Häftling auch erniedrigt. Wie er in einem Tagebuch festhält, das er für seinen Anwalt schreibt, habe er nach dem Duschen den nassen Boden mit seinen Kleidern putzen müssen und während Stunden keine neuen Kleider erhalten. Oder er erhalte Schweinefleisch zum Essen, obwohl er dieses ablehne.
Dabei hat der Hochrisikohäftling bereits zahlreiche Gefängnisse im Land kennengelernt. Mangels Alternativen komme nun wieder die Spezialeinheit in Kampfmontur zum Einsatz, die Brian K. in den Spazierhof begleite. An Wochenenden und Feiertagen werde der Häftling im «Bunker» sitzen gelassen, obwohl der tägliche Spaziergang ein Menschenrecht ist.
Das Bundesgericht hat am 17. November zwar entschieden, dass der Häftling dieses Recht mit Blick auf die Beschädigung der Spezialzelle verspielt habe: «Man kann nicht das Recht auf täglichen Spaziergang fordern und gleichzeitig die behördlichen Vorkehren, die es gewährleisten, hintertreiben.» Der Vater von Brian K. wird dazu zitiert: «Wir werden dieses Urteil an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte weiterziehen.» (kes)
* Name bekannt