Rekordzahlen wegen Corona-Protesten
Demo-Welle überrollt die Schweizer Städte

So viele Kundgebungen wie nie: Die immergleichen Aufmärsche gegen Corona-Massnahmen verärgern Gewerbe und Anwohner.
Publiziert: 05.12.2021 um 12:51 Uhr
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Aktualisiert: 08.12.2021 um 09:52 Uhr
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Massnahmen-Gegner demonstrieren vor dem Bundeshaus.
Foto: Thomas Meier
Fabian Eberhard

Eine scharfe Bise wehte den Demonstranten ins Gesicht, als sie am Donnerstag dem Zürcher Limmatquai entlangzogen. Knapp 500 Massnahmengegner hatten sich versammelt, um gegen die Maskenpflicht an Schulen zu protestieren. Mit dabei die üblichen Verdächtigen: Freiheitstrychler, Verschwörungsideologen, Corona-Verharmloser.

Gemeinsam marschierten sie vor das Gebäude der Bildungsdirektion. Die Polizei sperrte Strassen, Trams fuhren mit Verspätung – ein eingespieltes Prozedere, über das am Tag danach keine einzige Zeitung berichtete.

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328 Demos in 334 Tagen

Ein fast identisches Schauspiel ist in Zürich nahezu täglich zu beobachten. In den 334 Tagen von Anfang Januar bis Ende November fanden in der Innenstadt 328 Demonstrationen statt – so viele wie in keinem Jahr zuvor. Und das, obwohl das Versammlungsrecht im Frühjahr wegen Corona massiv eingeschränkt war.

Nicht nur Zürich ächzt unter einer Demo-Flut, auch andere Schweizer Städte verzeichnen Rekordzahlen: Basel registrierte im laufenden Jahr 250 Kundgebungen, 40 Prozent mehr als 2020. Vor allem die Zahl der unbewilligten Aufmärsche ist stark gestiegen.

In Luzern wurde mehr als doppelt so häufig demonstriert wie im Jahr zuvor. So liefen etwa jede Woche Corona-Skeptiker an sogenannten Montagabend-Spaziergängen durch die Stadt. Die Polizei musste wiederholt einschreiten.

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Krawalle in Bern

Der Trend zu mehr Demonstrationen ist in den Städten seit Jahren spürbar: Klimaaktivisten, Kurdinnen und Kurden, Gewerkschaften – oft kommt es am Wochenende gleich zu mehreren Protesten gleichzeitig.

2021 hat die neue Lust am Protest einen neuen Höhepunkt erreicht. Massgeblich mitverantwortlich dafür sind die Kundgebungen von Massnahmen-gegnern. Beinahe täglich marschieren sie irgendwo in der Schweiz auf, mal in kleinen Gruppen, mal zu Tausenden, oft ohne Bewilligung.

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In Bern demonstrierten Corona-Skeptiker sogar mehrmals wöchentlich. Rund um das Bundeshaus kam es dabei wiederholt zu Ausschreitungen.

Auch am Freitag versammelten sich auf dem Bundesplatz Massnahmengegner zu einer unbewilligten Demonstration. Der Protest blieb friedlich.

Immer mehr illegale Kundgebungen

Die Bundesstadt registriert illegale Kundgebungen nicht systematisch. Präzise Angaben kann die Berner Polizei deshalb nicht machen. Christina Steffen, Sprecherin der Sicherheitsdirektion, sagt zu den Aufmärschen der Corona-Skeptiker: «Gemäss unseren Beobachtungen dürften die unbewilligten Kundgebungen in den letzten Monaten deutlich zugenommen haben.»

Die Protestaktionen von immer gleichen Gruppen verärgern Gewerbler und Anwohner. Andreas Zürcher von der City Vereinigung Zürich sagt: «Die ständigen Demonstrationen sind für den Detailhandel schon seit Jahren ein riesiges Problem.» Man anerkenne das verfassungsmässige Recht auf freie Meinungsäusserung. «Wenn aber alle paar Wochen immer wieder dieselben Anliegen postuliert werden, dann hört unser Verständnis bald einmal auf.»

Demonstrationsrecht soll sich der Wirtschaft unterordnen

Leidtragende sind laut Zürcher in erster Linie die Kunden, die in der Zürcher Innenstadt «flanieren und ungestört ihre Einkäufe erledigen möchten». Sie fühlten sich bei lautstarken Demos unwohl. Besonders ärgerlich sei es, wenn zudem noch der Trambetrieb umgeleitet werden müsse. Die Folge: Umsatzverluste für den Detailhandel.

Zürcher fordert deshalb: «Die Behörden sollten den Mut haben, Demonstrationen, die zum x-ten Mal mit immer denselben Anliegen durchgeführt werden, zu unterbinden oder nur noch auf weniger attraktiven Routen zu bewilligen.»

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