Es ist ein Spiel zum Feiern. Am Abend des 31. Juli 2020 schlagen die Young Boys den FC Sion und tragen in der vorletzten Runde der Super League den Meistertitel davon. Zum dritten Mal in Folge! Einer der Berner Fans lässt in dieser Nacht nicht nur die Korken knallen, sondern auch verbotene Pyrotechnik.
An der Kreuzung Beundenfeldstrasse/Spitalackerstrasse, wo sich zu diesem Zeitpunkt etwa 100 YB-Fans versammelt haben, zieht der Serviceangestellte Robert B.* (35) kurz vor ein Uhr nachts einen sogenannten «Gladiator» aus der Tasche und zündet ihn an. Der gefährliche und in der Schweiz verbotene Böller geht los, bevor Robert B. ihn werfen kann (Blick berichtete). Die Folge: Der Knallkörper zerfetzt die rechte Hand des Fussball-Fans derart, dass Teile des Daumens, Zeigefingers und der Mittelfinger amputiert werden müssen.
Bundesanwaltschaft erhebt Anklage
Doch nicht nur das schmerzt. Der Böller habe auch acht weitere Personen gefährdet, so die Bundesanwaltschaft. Es habe in unmittelbarer Nähe sowie in der Umgebung rund um den Detonationspunkt eine konkrete und reale Gefahr gegeben. Der Angeklagte habe diese Personen und fremdes Eigentum einem erhöhten Risiko der Verletzung bzw. der Beschädigung oder Zerstörung ausgesetzt, so die Bundesanwaltschaft weiter. Eine grosse Zerstörung sei von Robert B. billigend in Kauf genommen worden.
Ab Donnerstag muss sich der Berner Fussball-Fan vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona verantworten. Ihm wird Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase ohne verbrecherische Absicht, evtl. Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht und Widerhandlung gegen das Sprengstoffgesetz vorgeworfen.
Sechs Monate Freiheitsstrafe gefordert
Da Robert B. in erster Linie sich selbst wehgetan hatte, ist wohl ein mildes Urteil zu erwarten. Ganz straffrei wird er nach Auffassung der Bundesanwaltschaft jedoch nicht davonkommen. Denn der Serviceangestellte konnte, trotz der schweren Verletzungen, zwei Monate nach dem Explosionstrauma an der Hand wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren. Die Einschränkung durch die Behinderung liege bei 30 Prozent, so die Einschätzung des Fussball-Fans.
Die Bundesanwaltschaft erklärt in der Anklageschrift: «Mit Blick auf den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt, die vorgesehene Mindeststrafe von einem Jahr sowie die einschlägige Rechtsprechung rechtfertigt die Betroffenheit von Robert B. kein gänzliches Absehen einer Strafe.» Die Anklage fordert daher eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die unter Ansetzung einer Probezeit von drei Jahren aufzuschieben sei. Das letzte Wort jedoch hat der Richter.
*Name geändert