Nächsten Montag soll Brian Henry Keller (27), der unter dem Pseudonym «Carlos» zum bekanntesten Häftling der Schweiz wurde, entlassen werden. Die letzten fünf Jahre verbrachte er meistens in Sicherheitshaft. Heisst: eingeschlossen in einer Einzelzelle, 23 Stunden pro Tag.
In wenigen Tagen ist Brian Keller nun auf freiem Fuss. Wobei «frei» relativ ist, wie Psychiater Thomas Knecht (64) erklärt: «Die neu gewonnene Freiheit trügt ein wenig. Auch im zivilen Leben gibt es Verpflichtungen. Zum Beispiel wird der Mietzins fällig. Zahlt man diesen nicht, gibt es Probleme. Die Gesellschaft ausserhalb des Gefängnisses ist nicht weicher, sie lässt es einen nur nicht derart stark spüren wie hinter Gittern.»
Das Umfeld als Knackpunkt
Ausserhalb der Zelle war Brian Keller stets mit Fesseln an Händen und Füssen fixiert. Besuch durfte er nur einmal pro Woche empfangen – hinter einer Panzerglasscheibe. «Als Häftling hast du zwei Möglichkeiten: kooperieren oder rebellieren», sagt Knecht zu Blick. «Ein Reglement bestimmt dein Leben. Die eigenen Gestaltungsmöglichkeiten bleiben auf der Strecke. Insbesondere im zwischenmenschlichen Bereich geht vieles verloren.»
Was muss passieren, damit der Übergang ins normale Leben optimal klappt? Das Umfeld sei der Knackpunkt, sagt der Psychologe. «Sobald die Zwangsgemeinschaft Geschichte ist, muss man eigene Bezugspersonen suchen. Der Mensch ist ein Imitator. So wie sich sein Umfeld verhält, so macht er es auch.» Daher gilt: «Fällt die Wahl auf die falschen Personen, droht ein erneuter Gang hinter Gitter. Aus dem früheren Milieu muss man sich aktiv befreien. Kein einfaches Unterfangen.»
Ein Vorgang, der Zeit benötigt. «Ein Mensch, der jahrelang im Gefängnis war, gewöhnt sich erst nach Monaten wieder an das normale Leben.» Alleine schafft er dies in vielen Fällen nicht. «Diesen Prozess müssen unbedingt Fachleute begleiten.»
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