Im April 2019 verlor Anna R.** (†22) ihr Leben in einem Tessiner Hotel. Ihr Freund Dirk W.* (32) wurde nun vor dem Gericht in Lugano der vorsätzlichen Tötung schuldig gesprochen. Der Deutsche muss für 18 Jahre hinter Gitter.
Der Mann hatte vor Gericht wiederholt angegeben, der Tod seiner Geliebten sei aus Versehen beim erotischen Würge-Spiel eingetreten. Doch die Indizien der Staatsanwaltschaft wiesen auf einen heftigen Streit hin. «In jener Nacht gab es keinen Sex. Nur einen Femizid», sagte die Staatsanwältin Canonica Alexakis. Sie forderte darum 19 Jahre und 6 Monate Haft für den Deutschen.
Am 9. April 2019, gegen 2.30 Uhr, hören Zimmernachbarn Schreie. Mit schweren Schritten sei Dirk W. auf den Balkon getreten, habe das Tischchen umgeworfen. Tassen gehen zu Bruch. Dann habe er geweint. Die Spurensicherung fand ein verwüstetes Hotelzimmer vor. Es lagen Scherben einer Wasserflasche herum. Fotos mit Anna und ihrer Familie waren zerknüllt unters Bett geworfen worden. Der Ring, den Dirk W. Anna R. geschenkt hatte, lag achtlos auf dem Boden. Auch der Ohrring des Deutschen findet die Spurensicherung dort. Zudem war das Telefonkabel aus der Wand gerissen. Da habe kein wilder Sex stattgefunden, so die Anklägerin, sondern ein heftiger Streit.
Verletztes Zahnfleisch, Hautabschürfungen, Zungenbeinbruch
Dafür sprechen auch Beobachtungen des Rechtsmediziners. Der Deutsche hatte eine blutende Verletzung an der Hand. Während der Autopsie wurden an der Leiche der Millionenerbin Wunden am Zahnfleisch gefunden. Das spreche dafür, dass Dirk W. seiner Geliebten beim Erdrosseln den Mund zuhielt, damit sie nicht schreit, erklärt die Staatsanwältin weiter im Plädoyer. Zudem habe die junge Frau Hautabschürfungen gehabt.
Anna R. wurde bei der Erdrosselung das Zungenbein gebrochen. Gesicht und Oberkörper liefen blauviolett an. Dirk W. hatte am Montag dem Richter gegenüber behauptet, die Färbung nicht gesehen zu haben, und widersprach damit den Zeugenaussagen der Hotelangestellten, bei der er gegen 6.30 Uhr das Unwohlsein und eben die blaue Gesichtsfarbe seiner Freundin meldete. Seit seiner Verhaftung habe Dirk W. der Realität und eigenen Verantwortung zu entfliehen versucht. Er habe in einem Lügengebilde die Geschichte des verunglückten Würge-Spiels erfunden.
Kein genauer Todeszeitpunkt
Um wie viel Uhr starb Anna R. tatsächlich? Wurde die Britin kurz nach 6 Uhr getötet, wie Dirk W. beteuert? Oder trat der Tod weit früher ein? Also beim heftigen Streit gegen drei Uhr? Der genaue Todeszeitpunkt bleibt ein Rätsel. Grund ist eine Schlamperei der Tessiner Rechtsmedizin. Während der Obduktion seien drei wichtige Untersuchungen am Körper der Leiche versäumt worden, so der Richter. Die Schätzung des Pathologen, Anna R. sei zwischen 4 und 6 Uhr getötet worden, sei daher nicht stichhaltig. Ein zweites, in Lausanne erstelltes Gutachten kommt zum Schluss: Der Tod ist zwischen 2 und 6 Uhr eingetreten.
** Name der Red. bekannt
* Name geändert
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