Plagiats-Affäre weitet sich aus
Zürcher Professorin schrieb ganze Passagen ab

Eine Romanistin der Uni Zürich hat in ihrem Buch plagiiert. Betroffen ist auch der Basler Historiker Georg Kreis. Die Universität hat eine Untersuchung eingeleitet.
Publiziert: 19.02.2023 um 00:10 Uhr
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Aktualisiert: 19.02.2023 um 07:59 Uhr
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Eingang zum Hauptgebäude der Uni Zürich.
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Fabian EberhardStv. Chefredaktor SonntagsBlick

Alles begann an Heiligabend. In einem Artikel beschuldigte ein britischer Wissenschaftler eine Titularprofessorin vom Romanischen Seminar der Universität Zürich, Forschungsergebnisse und Bilder von seinem Blog kopiert zu haben. Diese habe sie in einem ihrer Bücher als neu angepriesen – ohne Quellenangabe.

Die Wissenschaftscommunity war in Aufruhr, recherchierte weiter. Und stiess auf weitere Ungereimtheiten. Etwa auf der Website des Eigenverlages der Professorin. Vier der Mitarbeiterporträts waren Stock-Fotos, Symbolbilder aus dem Netz, die auch auf anderen Webseiten auftauchen.

Die Professorin streitet die Plagiatsvorwürfe vehement ab. Sie sieht sich als Opfer einer Rufmordkampagne.

Ganze Buchpassagen abgeschrieben

Doch nun kommen weitere Unsauberkeiten ans Licht. Wie die niederländische Recherche-Plattform Nieuws-Checkers aufgedeckt hat, schrieb die Romanistin in einem ihrer Bücher ganze Passagen ab.

Das 2020 erschienene Buch über jüdische Flüchtlinge enthält auf 42 Seiten nahezu wörtlich übernommene Abschnitte aus Studien, Zeitungsartikeln, Blogs und anderen Publikationen. Quellenangabe: Fehlanzeige.

Abgeschrieben hat die Professorin auch beim Schweizer Historiker und ehemaligen Präsidenten der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, Georg Kreis (79). Im Buch erzählt sie die Geschichte des Schweizer Oberleutnants Erwin Naef, der geflüchtete Juden zurück nach Italien fahren musste und dabei half, eine niederländische Familie zu retten. Dafür bediente sie sich, ohne zu zitieren, mehr oder weniger wortwörtlich bei einem italienischsprachigen Artikel, den Kreis 2017 in der Tessiner Zeitung «La Regione» veröffentlicht hatte. Kreis, emeritierter Professor der Universität Basel sagt dazu: «Das offensichtlich vorsätzliche Kopieren ganzer Sätze ohne Quellenangabe ist ein klarer Fall von Plagiat.» Die Professorin habe das dermassen massiv und systematisch gemacht, dass es sich nicht um ein Versehen handeln könne. «Es ist ein Armutszeugnis, dass die Autorin das nötig hat.»

Unabhängige Untersuchung eingeleitet

Die Universität Zürich geht den Plagiatsvorwürfen nach. Sie hat eine unabhängige Untersuchung eingeleitet. Bis zu deren Abschluss gelte die Unschuldsvermutung. Die Romanistin ist zwar weiterhin Titularprofessorin an der Uni Zürich, allerdings ohne Anstellungsverhältnis. Es bestehe derzeit kein Beschäftigungsverhältnis zwischen ihr und der Universität.

Laut Nieuws-Checkers klärt auch der Schweizerische Nationalfonds (SNF) die Vorwürfe ab. Grund: Die Professorin erhielt für ihr Buch über die Judenverfolgung SNF-Gelder in der Höhe von 15'000 Franken.

Die Beschuldigte selbst war bis Redaktionsschluss nicht erreichbar. Bisher stritt sie jegliche Plagiate ab. Die Ähnlichkeit ihrer Texte mit denen des britischen Forschers erklärte sie damit, dass sie und er sich auf die gleichen Quellen gestützt hätten. Die Stock-Fotos auf der Webseite ihres Verlags seien Platzhalter gewesen, die man vergessen habe zu entfernen. Bloggern, Twitter-Nutzern und Journalisten, die sie kritisierten, schickte die Professorin scharfe Anwaltsbriefe.

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