Pink-Panther-Prozess am Bezirksgericht Zürich
«Die Raubüberfälle waren bis ins letzte Detail geplant»

Unter strengsten Sicherheitsmassnahmen müssen sich am Zürcher Bezirksgericht zwei potenzielle Mitglieder der berühmt-berüchtigten Balkan-Bande Pink Panther verantworten. Der Staatsanwalt stellte die aufwendige Arbeit der Polizei vor.
Publiziert: 01.12.2021 um 19:53 Uhr
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Vor dem Bezirksgericht Zürich steht ein halbes Dutzend Polizeiautos – ein gutes Indiz dafür, dass gerade ein Prozess gegen Mitglieder der Pink Panther stattfindet.
Foto: Beat Michel
Beat Michel

Dass am Bezirksgericht Zürich Pink-Panther-Mitglieder vor Gericht stehen, ist von weitem sichtbar. Schon frühmorgens steht ein halbes Dutzend Polizeifahrzeuge vor dem Gebäude. Gelegentlich rennt ein mit Maschinenpistole bewaffneter Polizist um die Ecke. Die Bedrohung ist spürbar. Es stehen laut Staatsanwaltschaft zwei Mitglieder eines grossen Gauner-Rings vor Gericht. Der eine soll ein wichtiger Logistiker gewesen sein, der zweite sich aktiv an drei Überfällen beteiligt haben.

Die beiden Männer gleichen sich: Beide haben eine Stirnglatze, sehen aus wie normale Familienväter. Sie wirken bieder. Es fällt den Zuschauern schwer, sie mit den skrupellosen bewaffneten Überfällen auf Bijouterien in Zürich, Lugano TI und am Timmendorfer Strand in Deutschland in Verbindung zu bringen.

Überfall am Vormittag

Der krasseste Überfall war die Rammbock-Attacke auf das Juweliergeschäft Graff Diamonds an der Zürcher Bahnhofstrasse. Mit einem VW Touareg rammten die Räuber die Glasfront, bis sie in sich zusammenbrach. Nur weil sich die Trümmer verkeilten, konnten sie das Geschäft nicht ausrauben. Sie flohen unerkannt mit den bereitgestellten Rollern. Auf der Bahnhofstrasse waren viele Passanten unterwegs. Nur mit viel Glück wurde niemand verletzt.

Die Befragung des ersten Angeklagten, Krastan Z.* (50), verläuft eintönig. Er verweigert jegliche Aussage. Er gibt nur ein Brummen von sich, spricht kein Wort. Er lebt seit 30 Jahren in der Schweiz, ist seit November 2020 wieder auf freiem Fuss. Er hat zwei erwachsene Töchter, seine Frau arbeitet für die Spitex. Auch zur Frage, was er im Moment so mache, brummt er nur.

Wie der Staatsanwalt ausführt, ist mit seinem Fang der Polizei ein wichtiger Erfolg in der Bekämpfung der organisierten Räuberbande aus Belgrad gelungen. «Es ging darum, die Vorgehensweise der heimlichen kriminellen Organisation auszuleuchten. Weil die Verhafteten keine Aussagen machen, ist die Untersuchung eine Sisyphusarbeit», sagt der Staatsanwalt. Dank der intensiven Untersuchung über fünf Jahre, auch mit verdeckten Ermittlern, habe sich erst die hohe kriminelle Energie und die Skrupellosigkeit gezeigt. «Die Raubüberfälle waren bis ins letzte Detail geplant», sagt der Staatsanwalt.

GPS-Ortung, Überwachung der Telefone, Wanzen

Krastan Z. sei der klassische Logistiker in der Organisation. Er organisierte Rammbock-Autos, habe die Fluchtwege koordiniert, war bei der minutiösen Vorbereitung in einer führenden Position. Die serbische Polizei sendete nach dem Überfall an der Bahnhofstrasse am 28. Mai 2016 einen Hinweis an die Zürcher Ermittler, dass der Serbe daran beteiligt hätte sein können. Dank gross angelegter Überwachung der Telefone, GPS-Ortung von Fahrzeugen und Abhören von Gesprächen konnten die Behörden den Überfall in Lugano kurz vor der Ausführung verhindern. «Wir gewannen wichtige Erkenntnisse, wie das Syndikat Überfälle plant», sagt der Staatsanwalt.

Die Anklage fordert für den Logistiker eine Haftstrafe von sieben Jahren und eine Landesverweisung von zehn Jahren. Die Verteidigung will einen Freispruch, weil die Staatsanwaltschaft die Anklage nur auf Indizien stütze und einen Teil der Beweise als sogenannte Zufallsfunde bei Überwachungen erreicht hätte – und diese damit nicht verwertbar seien.

Räuber bittet um eine zweite Chance

Der zweite Angeklagte, Andelko S.* (43), war an den Überfällen selber vor Ort beteiligt. Im Gegensatz zum Logistiker ist er geständig. Nur zu den Mittätern schweigt er eisern. Seine Taten bereut er. Auf die Frage, warum er sich bei den Überfällen beteiligt hatte, nennt er seine finanziellen Probleme. Dass man die auch anders lösen könne, das wisse er jetzt. Er entschuldigt sich im Schlusswort und bittet um eine zweite Chance. Der Staatsanwalt fordert für den gebürtigen Kroaten mit serbischem Pass elf Jahre Gefängnis und 15 Jahre Landesverweisung. Die Verteidigung sieht 69 Monate als angemessen an, weil er nur als Gehilfe dabei gewesen sei.

* Namen bekannt


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