Pink-Panther-Gangster in Lugano geschnappt
So jagte die Polizei die 400-Millionen-Franken-Räuber

Seit fast zwei Jahrzehnten terrorisiert die osteuropäische Bande die Schweiz. Doch die Kantonspolizei hat sie jetzt im Visier – und schlägt zu, bevor die Räuber zur Tat schreiten. Mittlerweile wurden die Verhafteten auf verschiedene Gefängnisse in Zürich verteilt.
Publiziert: 21.02.2018 um 11:56 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 04:11 Uhr
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Mit diesen Motorrollern versuchten zwei Bandenmitglieder zu fliehen.
Foto: zVg
Myrte Müller

Es passiert am helllichten Tag. Mitten in Lugano-Pregassona TI. Es ist neun Uhr. In der Via Industria tauchen plötzlich Beamte in Zivil auf. Sie überwältigen auf einem Parkplatz zwei Männer. Die Polizisten reissen sie bäuchlings zu Boden, legen ihre Hände hinter den Rücken in Handschellen. Wenig später erfolgt ein zweiter Zugriff. In Loreto, einem anderen Stadtteil im Westen von Lugano, stellt die Tessiner Kapo zwei weitere Männer. Sie versuchten auf dunkelgrauen Motorrollern zu fliehen. Weit kommen sie nicht. 

Die Verhafteten, zwei Kroaten (37 und 39), ein Serbe (41) und ein Bosnier (38) gehören zusammen. Sie sind Teil der berühmt-berüchtigten Balkan-Bande der Pink Panther. Ihr Ziel an diesem Montag: Ein Juwelier in der City von Lugano. Doch bevor die Bande zuschlagen kann, schreitet die Kantonspolizei ein. 

Seit drei Wochen observieren die Fahnder die Kriminellen aus Osteuropa. Als es Hinweise gibt, dass die Bande in Lugano eine Bijouterie überfallen will, fackelt die Polizei nicht lange. Mit Hilfe von Videoüberwachung weiss die Kantonspolizei, wo sich die Täter aufhalten und greift blitzschnell ein. Vor Ort werden Schusswaffen sichergestellt.

In vier verschiedene Gefängnisse verteilt

Den vier Räubern kam die spezialisierte Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich und die Kantonspolizei Zürich auf die Schliche, die mit den Tessiner Behörden zusammenarbeiteten. Da die Zürcher Behörden dafür zuständig sind, wurden die Pink Panther in die Limmatstadt überführt und auf verschiedene Gefängnisse verteilt.

Wie gefährlich die Bande ist, zeigt das grosse Polizeiaufgebot gestern beim provisorischen Polizeigefängnis. Die Kantonspolizei Zürich schreibt: «Die Polizeipräsenz bei der Kaserne wurde vorübergehend erhöht.»

Spektakuläre Überfälle machten Schlagzeilen

Seit knapp zwei Jahrzehnten treiben die Pink Panthers ihr Unwesen in der Schweiz. Sie nutzen Rammböcke, um sich Zutritt zur kostbaren Auslage zu verschaffen. Sie bedrohen das Verkaufspersonal mit Pistolen. Oder sie zertrümmern mit Vorschlaghämmern die Vitrinen und nehmen das, was am wertvollsten ist. 

Es ist nicht das erste Mal, dass die Pink Panther das Tessin wählen. Bereits 2013 überfielen sie den Juwelier Zenger in Ascona, raubten ausschliesslich Rolex-Uhren. Zwei der Täter wurden später gefasst und verurteilt.

Die Bande aus dem Westbalkan hat über 200 Mitglieder. Sie entstand in den Neunzigerjahren nach dem Bürgerkrieg. Ex-Militärs wurden zu Kriminellen, schlossen sich zu den Pink Panther zusammen (BLICK berichtete). Zwischen 1999 und 2016 soll die Bande über 380 bewaffnete Raubüberfälle in 35 Ländern verübt und Diamanten im Gesamtwert von 400 Millionen Franken erbeutet haben. 

Juwelierüberfälle 2017 fast verdoppelt

Geschichte schreiben die Pink Panther bereits 2003. Da räumen sie im belgischen Antwerpen ein Schliessfach des Antwerp Diamond Centre leer. Der Wert der Beute: 120 Millionen Franken. Zehn Jahre später stehlen sie während einer Diamanten-Ausstellung im Hotel Carlton in Cannes (F) Schmuck in ähnlich hohem Wert. So sollen auch Pink Panther bei einem Juwelier in Tokyo ein 26 Millionen Franken teures Collier erbeutet und auf den Flughäfen von Amsterdam und Brüssel 125 Millionen Franken schwere Brillanten geraubt haben.

«Im vergangenen Jahr, bis Ende Oktober 2017, wurden 22 Juwelierläden in der Schweiz überfallen», sagt Lulzana Musliu, Mediensprecherin der Bundespolizei Fedpol. «2016 waren es im ganzen Jahr zwölf Überfälle. Das sind zehn Überfälle mehr als im Vorjahreszeitraum.» Sicher gingen einige davon auf das Konto der «Pink Panther». 

Bereits 2007 schloss sich die Schweiz mit anderen Ländern im Projekt Pink Panther der Europol zusammen. Das Projekt lief 2016 aus und wurde durch das Projekt Diamond ersetzt. «Das Fedpol nimmt in der Schweiz hierbei eine Koordinations- und Analyse-Funktion ein», sagt Lulzana Musliu. «Wir arbeiten eng mit den Kantonen und dem Ausland zusammen. Zudem haben wir auch Polizeiabkommen mit der Polizei in Serbien und Montenegro abgeschlossen.» Dank solcher Kooperationen sind Zugriffe wie der in Lugano möglich.

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