Nicht nur in den Spitälern, auch in den Apotheken sieht die aktuelle Situation alles andere als rosig aus: Seit Monaten herrscht in der Schweiz ein massiver Medikamentenmangel – und statt besser wird die Lage schlimmer: «Uns fehlen Hunderte rezeptpflichtiger Medikamente», sagt Enea Martinelli (57), Chefapotheker der Berner FMI-Spitalgruppe und Vizepräsident des Schweizerischen Apothekerverbands Pharmasuisse, zu Blick.
Konkret seien 829 Medikamente aktuell nicht verfügbar. Wie der Apothekerverband schreibt, handelt es sich um einen «traurigen Rekord». «Bei jedem zweiten Patienten müssen wir sagen, dass das Medikament, das benötigt wird, fehlt», so der Pharmazeut.
Auch Medikamente für Kinder fehlen
Blutdrucksenker, Epilepsie- sowie Parkinson-Medikamente gehören dabei zur Mangelware. Die Folgen für die Patientinnen und Patienten seien fatal: «Teilweise müssen ganze Therapien umgestellt werden», so Martinelli. Nur schon im Bereich der Medikamente gegen Herzprobleme würden rund 150 Produkte fehlen.
Doch auch bei den Fieber- und Grippemedikamenten für Kinder kommt es zu Engpässen. «Besonders jetzt, wo das RS-Virus grassiert, fällt das massiv ins Gewicht.» Martinelli zufolge hat dieser Umstand auch zu den überfüllten Kinderspitälern beigetragen.
Gründe für den Medikamentenmangel gäbe es verschiedene. «Aufgrund Chinas Null-Covid-Politik waren viele Pharmaindustrien geschlossen. Zudem kam es zu Lieferengpässen, oder gewisse Medikamente konnten nicht verpackt und deshalb nicht verschifft werden.»
Laut Martinelli sind die Medikamentenengpässe jedoch nicht erst seit Corona ein Problem. Seit 2015 betreibt er eine Datenbank, welche die schweizweiten Engpässe bei rezeptpflichtigen Medikamenten detektiert. Trotzdem: «Seither ist nichts passiert. Jetzt muss der Bund endlich handeln», fordert der Apotheker.