Frau Walker, damit wir wissen, wen wir vor uns haben: Wie lautet Ihr Pfadiname?
Anja Walker: Paya. Den bekam ich, als ich von den Wölfli in die Pfadi kam. Im ersten Sommerlager weckte man mich mitten in der Nacht mit Topfdeckeln – für die Taufe. Dann musste ich einen Parcours mit verschiedenen Mutproben durchlaufen und am Ende den «Pfadifrass» essen, ein hässliches Gemisch aus Lebensmitteln.
Was bedeutet Paya?
Sonnenaufgang auf Chinesisch, sagte man mir. Ich habe nie überprüft, ob das stimmt. Er klingt schön.
Was erwartet die Kinder nun in Goms?
Eine riesige Zeltstadt. Zusammen mit Sion sind wir zwei Wochen lang die grösste Stadt im Kanton Wallis. Mit allem, was dazugehört: Einkaufsladen, Kioske, Beizen, sanitäre Anlagen, eine Notfallpraxis, ein grosser Hauptplatz – der «Bulaward» – mit Attraktionen wie einem Skatepark oder einer riesigen Bühne. Dort treten am 1. August Schweizer Bands auf. Dazu kommen viele Wanderungen, Geländespiele und Ausflüge.
Das klingt nach einer riesigen Sache!
Das Bula war noch nie so gross. Jenes in der Lindtebene vor 14 Jahren war in neun Unterlager an verschiedenen Orten aufgeteilt. Wir wollten nun alle auf einem Haufen haben. Dafür mussten wir erst den richtigen Ort finden.
Warum gerade Goms?
Wegen seines alten Flugplatzes in Ulrichen. Der bietet viel Fläche, verfügt mit seinen Strassen über die nötige Infrastruktur. Die Umgebung lädt dazu ein, entdeckt zu werden. Man kann dort etwas erleben: Wandern, River-Rafting – alles weit weg von der nächsten grösseren Stadt.
Jetzt gehts ans Eingemachte: 30’000 Pfadis – was essen die?
Die einzelnen Pfadigruppen kochen alle selbst Menüs wie Älplermagronen, Burger oder Spaghetti.
Wie viel verschlingen so viele Mäuler? Ein paar Zahlen, bitte.
Während der gesamten Lagerdauer sind es 54 Tonnen Brot, 41’000 Eisbergsalat-Köpfe, 19’166 Stück Salatgurken, 10 Tonnen Reibkäse, 15 Tonnen Reis, 19’000 Liter Tomatensauce. Allein für Spaghetti Napoli brauchen wir vier Tonnen Pasta, 1,25 Tonnen Reibkäse und 5000 Liter Tomatensauce.
Wie macht ihr das logistisch?
Es gibt auf dem Lagerplatz eine riesige Verpflegungszentrale. Da fahren jeden Tag Lastwagen an und bringen die Lebensmittel, die wir bei der Migros bestellt haben. Die werden dort in Päckchen für die Pfadigruppen abgepackt und von diesen abgeholt.
Was macht ihr, wenns so heiss wird, dass das Wasser ausgeht?
Wir wollen so oder so Wasser sparen. Auf dem ganzen Platz gibt es 700 WCs und 130 Duschen. Die Kinder dürfen einmal pro Woche unter die Dusche, wenn sie nicht schon in der Badi waren. Diese machen wir zu, sollte das Wasser knapp werden. Aufs Duschen zu verzichten, ist für Pfadis kein Problem.
Ist so eine Zeltstadt nicht eine grosse Belastung für den Ort, den Boden?
Das Thema geht ein ganzes Bula-Team mit zehn Leuten an. Sie haben mit lokalen Spezialistinnen und Spezialisten ein Bodenschutzkonzept erarbeitet, das vom Kanton genehmigt wurde. Wir graben keine Löcher für Feuer und verlegen Bodenschutzplatten. Oder schauen, dass man nicht frisch eingecremt in den nahen Geschinersee springt. Und wir schulen die Pfadis: Auf jeder Wanderung gibt es einen Stopp, bei dem über die Umwelt informiert wird.
Anja Walker (29) wuchs in Neuenkirch LU auf. Mit sieben Jahren stieg sie bei der Pfadi Wartensee ein. «Mein Mami schickte mich damals in die Wölfli, weil sie die Werte und der ganzheitliche Ansatz der Pfadi überzeugten», sagt sie. Später leitete sie selbst, ab 23 Jahren trat sie kürzer, bot Kurse an, kochte in Lagern. Bis vor knapp drei Jahren die Anfrage kam, ob sie die Medienarbeit für das Bula machen möchte. Was sie beruflich auch tut: Anja Walker ist Beraterin in einer Agentur für politische Kommunikation. Sie lebt in Zürich.
Anja Walker (29) wuchs in Neuenkirch LU auf. Mit sieben Jahren stieg sie bei der Pfadi Wartensee ein. «Mein Mami schickte mich damals in die Wölfli, weil sie die Werte und der ganzheitliche Ansatz der Pfadi überzeugten», sagt sie. Später leitete sie selbst, ab 23 Jahren trat sie kürzer, bot Kurse an, kochte in Lagern. Bis vor knapp drei Jahren die Anfrage kam, ob sie die Medienarbeit für das Bula machen möchte. Was sie beruflich auch tut: Anja Walker ist Beraterin in einer Agentur für politische Kommunikation. Sie lebt in Zürich.
Wie bringt ihr so viele Pfadis nach Goms?
Alle reisen mit dem ÖV an. Seit Jahren arbeiten SBB, Matterhorn-Gotthard-Bahn und Postauto AG am richtigen Fahrplan dafür. Am Samstag reisen die rund 20’000 Pfadis und Pios – die Älteren – an. Am Sonntag kommen unter anderen die Wölfli.
Was können Eltern tun, wenn sie ihre Kinder besuchen möchten?
Es gibt zehn Besuchstage. Die Eltern müssen sich über die Website anmelden und bekommen ein Ticket mit genauer ÖV-Verbindung. Überhaupt dürfen alle, die möchten, das Bula besuchen. Wichtig ist, dass alle über unsere Website ein Ticket lösen und nicht mit dem Auto anreisen.
Überhaupt: Trauen die Eltern den Verantwortlichen das alles zu?
Offenbar, es durften sich 30’000 Kinder anmelden. Alle Pfadis reisen in ihrer Gruppe mit Leitungspersonen an, die sie schon lange kennen. Diese haben Jugend- und Sportkurse besucht, sind gut ausgebildet. Das merkt man auch ausserhalb des Bulas: Hinter jedem Samstagnachmittag, den man in einem Pfadi-Haus oder im Wald verbringt, steht mittlerweile ein Konzept.
Keine Nachrichten von besorgten Papis und Mamis?
Die gibt es. Jeden Tag kommen E-Mails mit Fragen wie: Gibt es WCs auf dem Lagerplatz? Oder: Mein Kind hat die und die Allergie. Die Leiterinnen und Leiter kennen aber die Pfadis gut, sie waren mit ihnen schon oft im Lager.
Und Sie selbst: Haben Sie manchmal Bammel davor, dass etwas passieren könnte?
Ich bin mir der grossen Verantwortung bewusst, bin damit aber nicht allein. Sie ist auf viele Schultern verteilt. Wenn man vom Bula erzählt, sind viele überrascht, wie professionell wir aufgestellt sind, obwohl das Bula ehrenamtlich organisiert ist. In jedem Ressort gibt es Leute, die das, was sie fürs Bula machen, auch hauptberuflich tun. Es sind viele Profis unter uns.
Zum Schluss noch: Rund 50’000 Pfadis gibt es in der Schweiz. Mehr als je zuvor. Wie erklären Sie sich das?
Die Pfadi trifft den Nerv der Zeit. Dieses Draussensein, im Spiel etwas lernen, den Kontakt mit der Natur, etwas ohne Handy erleben – das möchten die Eltern den Kindern mitgeben. Gerade in der Corona-Zeit wurde das wichtiger. Wenige Hobbys bieten das alles. Meistens konzentriert man sich auf ein Gebiet, eine Sportart. Oft ist dafür Talent gefragt. Bei der Pfadi kann jeder mitmachen.