Dicke Luft herrscht nicht nur in Klassenzimmern, sondern auch zwischen vielen Eltern und der Politik. Darum wird jetzt auch die Anschaffung von Luftfiltern in den Klassenzimmern zum Thema.
«Es muss alles dafür getan werden, die Schulen möglichst sicher zu machen», fordert Andrea Hüsser (44). Die Mutter dreier schulpflichtiger Kinder aus dem Kreis 6 in Zürich fordert in einer Petition dazu auf, sämtliche Kindergärten sowie Primar- und Sonderschulen mit zertifizierten Luftfiltern und CO2-Messgeräten auszustatten.
Petition beklagt das Sparen am falschen Ort
Denn: Masken werden für Kinder unter zwölf Jahren nicht empfohlen, gleichzeitig sind für die Jüngsten noch keine Impfstoffe freigegeben. Zusammen mit Mitstreitern hat Hüsser im letzten Monat 811 digitale Unterschriften gesammelt und ihr Anliegen persönlich beim Zürcher Schulvorsteher Filippo Leutenegger (68) deponiert. Doch: Weil dazu noch Anfragen im Gemeinderat offen sind, will sich die Stadt Zürich nicht zum Thema Luftfilter äussern.
Hinter vorgehaltener Hand heisst es aber, dass man den flächendeckenden Einsatz solcher Geräte als nicht sinnvoll erachte. Zu hoch seien die Kosten, zu gering der Nutzen. Andrea Hüsser kann dies nicht nachvollziehen: «Wir haben die Wirtschaft mit Milliarden gerettet, sind jetzt aber plötzlich knausrig, wenn es um die Gesundheit unserer Kinder geht. Dafür habe ich als Mutter kein Verständnis!»
Alle Kantone erteilen Luftfiltern eine Abfuhr
Die Stadt Zürich steht mit ihrer Zurückhaltung keineswegs allein da. Das BAG empfiehlt lediglich regelmässiges Lüften als Massnahme, um Ansteckungen zu vermeiden. Eine Blick-Umfrage in den 26 Kantonen zeigt: Grössere Investitionen sind für die Kantone undenkbar. Einzig ein paar Pilotprojekte laufen – beispielsweise in Oberentfelden AG.
«Die Qualität und Leistungsstärke der Geräte ist sehr unterschiedlich, sodass keine vertretbaren Empfehlungen abgegeben werden können», findet man hingegen in Luzern.
St. Gallen befürchtet Kosten in Millionenhöhe
Bei einer Gesamtzahl von 55'000 Schülerinnen und Schülern allein im Kanton St. Gallen müsse bei einer flächendeckenden Ausstattung mit Anschaffungskosten von mehreren Millionen Franken plus Unterhaltskosten gerechnet werden, heisst es aus der Ostschweiz.
Ernst Schürch (57), Präsident der Amtlichen Lehrer-Kantonalkonferenz in Basel-Landschaft, kennt das leidige Thema nur zu gut. «Die Forderung, den Einsatz von Luftreinigungsgeräten zu prüfen, haben wir schon zweimal in den kantonalen Krisenstab eingebracht.»
Lehrer fühlen sich im Schulzimmer unwohl
Passiert sei aber nichts. «Die Rückmeldung war: Das machen wir nicht», so Schürch, bei dem regelmässig entsprechende Forderungen deponiert werden. «Die Lehrpersonen, die sich melden, fühlen sich zu wenig geschützt. Das betrifft insbesondere die Primarstufe.»
Das Problem: Die Kantone überlassen es den Gemeinden, ob sie Investitionen in Luftfilter tätigen wollen. Denn diese sind für die Volksschule (also den obligatorischen Unterricht bis zur neunten Klasse) verantwortlich. Lokal gibt es zwar auch hier vereinzelte Pilotversuche in Zusammenarbeit mit Filterherstellern, die sich dadurch Aufträge von der öffentlichen Hand erhoffen.
Worb BE entscheidet sich für Billig-Kompromiss
Doch beim Geld knorzt es gewaltig. «Der flächendeckende Einsatz von Luftfiltern würde unsere finanziellen Möglichkeiten überschreiten», sagt Gemeinderat Urs Gerber (56) aus Worb BE. Ohne finanzielle Unterstützung von Bund und Kanton seien Anschaffungen dieser Dimension nicht zu bewältigen.
Stattdessen hat sich Worb dazu entschieden, sämtliche 56 Schulklassen und die öffentliche Verwaltung mit CO2-Messgeräten auszurüsten. 7500 Franken sind dafür vorgesehen, respektive 100 bis 140 Franken pro Gerät. «Es handelt sich um eine einfach Massnahme mit guter Wirkung», hofft Gerber.
Deutschland macht bei der Anschaffung von Corona-Luftfiltern vorwärts: Mitte Juli hat die Regierung beschlossen, insgesamt 200 Millionen Euro für die Anschaffung der Geräte zur Verfügung zu stellen. Bundesländer wie Bayern (50 Millionen) und Baden-Württemberg (60 Millionen Euro) hatten zuvor schon eigene Gelder gesprochen.
Rund 8000 Luftfilter stehen zum Ferienende allein in Berliner Schulen bereit – 3000 weitere Geräte sollen folgen. Da diese nur für rund die Hälfte aller Schulzimmer ausreichen, hagelt es dennoch Kritik. Allgemeiner Tenor: die Beschaffung der Luftfilter schreite viel zu langsam voran.
In Ostdeutschland bleiben Fördergelder von der öffentlichen Hand dagegen komplett aus. Offenbar ist man in Ländern wie Thüringen oder Sachsen-Anhalt nicht vom Kosten-Nutzen-Verhältnis überzeugt. Stattdessen will man auch dort an regelmässigem Lüften festhalten – und gleichzeitig auf Fortschritte bei der Impfkampagne und ein Abflachen der Pandemie hoffen.
Auch in Österreich gibt es bislang kein klares Bekenntnis zu den Filtergeräten. Zwar sind sie in den Schutzkonzepten vorgesehen, bei Finanzierungsfragen hapert es allerdings. Die österreichische Regierung hat bislang erst zehn Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Es dürfte sich hierbei nur um einen Tropfen auf den heissen Stein handeln.
In den Planungen der Nachbarländer Frankreich und Italien spielen Luftfilter zurzeit ebenfalls noch keine wesentliche Rolle. Marco Latzer
Deutschland macht bei der Anschaffung von Corona-Luftfiltern vorwärts: Mitte Juli hat die Regierung beschlossen, insgesamt 200 Millionen Euro für die Anschaffung der Geräte zur Verfügung zu stellen. Bundesländer wie Bayern (50 Millionen) und Baden-Württemberg (60 Millionen Euro) hatten zuvor schon eigene Gelder gesprochen.
Rund 8000 Luftfilter stehen zum Ferienende allein in Berliner Schulen bereit – 3000 weitere Geräte sollen folgen. Da diese nur für rund die Hälfte aller Schulzimmer ausreichen, hagelt es dennoch Kritik. Allgemeiner Tenor: die Beschaffung der Luftfilter schreite viel zu langsam voran.
In Ostdeutschland bleiben Fördergelder von der öffentlichen Hand dagegen komplett aus. Offenbar ist man in Ländern wie Thüringen oder Sachsen-Anhalt nicht vom Kosten-Nutzen-Verhältnis überzeugt. Stattdessen will man auch dort an regelmässigem Lüften festhalten – und gleichzeitig auf Fortschritte bei der Impfkampagne und ein Abflachen der Pandemie hoffen.
Auch in Österreich gibt es bislang kein klares Bekenntnis zu den Filtergeräten. Zwar sind sie in den Schutzkonzepten vorgesehen, bei Finanzierungsfragen hapert es allerdings. Die österreichische Regierung hat bislang erst zehn Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Es dürfte sich hierbei nur um einen Tropfen auf den heissen Stein handeln.
In den Planungen der Nachbarländer Frankreich und Italien spielen Luftfilter zurzeit ebenfalls noch keine wesentliche Rolle. Marco Latzer