Ein kleiner Zeichentrickfilm sorgt für grosse Empörung. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) will mit einem vierminütigen Erklärvideo unerwünschte Asylbewerber dazu bewegen, in ihre Heimat zurückzukehren. Unter den Adressaten sind auch ukrainische Flüchtlinge.
Im Filmchen ist ein dunkelhäutiger Mann zu sehen. In der ukrainischen Version wird er Bohdan Petrenko genannt. Da er «eh kaum eine Chance auf Asyl in der Schweiz» habe, rät man ihm auf der Beratungsstelle heimzukehren. Man erklärt ihm, er habe bei freiwilliger Rückkehr in die Heimat ein Recht auf finanzielle Unterstützung, wenn er aus einem visapflichtigen Land stamme. Grenze sein Land zudem nicht an den Schengen-Raum, habe er sogar Anspruch auf die Finanzierung eines Business-Projekts.
Video in vielen Sprachen, auch auf Ukrainisch
Das Video wird in mehreren Sprachen gezeigt. Das SEM stellt peinlicherweise auch die ukrainische Version auf seinen offiziellen Youtube-Kanal. Dies bleibt nicht ohne Reaktion. Ukrainische Flüchtlinge wenden sich irritiert an die ukrainische Anwältin Elina Iakovleva. Diese weist nun in einer Stellungnahme auf Ungereimtheiten hin.
Als Erstes sei das Video politisch unkorrekt, schreibt Elina Iakovleva, da die Hautfarbe der Ukrainer weiss sei. Zweitens erhielten Ukrainer nicht Asyl, sondern den Schutzstatus S. Und die Ukraine habe durchaus Grenzen zum Schengen-Raum, etwa mit der Slowakei, Polen und Ungarn. Ukrainer bräuchten zudem kein Visum, um in die Schweiz einzureisen.
«Botschaft des SEM ist zynisch und grausam»
Und überhaupt, wie könne man vornehmlich Frauen und Kinder nahelegen, in ein Land zurückzukehren, das von einem Drittland angegriffen wird, in dem Bomben fallen und Frauen vergewaltigt werden? «Die Botschaft des Videos ist zynisch und grausam», so die Anwältin.
In einem Blick-Interview zum Anlass der bevorstehenden Ukraine-Konferenz in Lugano TI stellt der ukrainische Botschafter Artem Rybchenko (38) klar: «Unsere Leute müssen nur für eine gewisse Zeit weg vom Krieg. Sie wollen schnell wieder nach Hause zurückkehren. Das ist wichtig zu wissen. Es ist eine ganz andere Situation als jene vieler anderer Flüchtlinge in der Schweiz.» Er habe persönlich in seiner Heimat gesehen, dass viele Frauen mittlerweile heimgekehrt seien, «die Familien wollen wieder zusammenkommen».
Eine peinliche Panne
Blick fragt beim SEM nach. Dort wird die Publizierung des Videos als Panne bezeichnet. «Wir nehmen das Video vom Netz, weil es tatsächlich verwirrend ist», verspricht Mediensprecher Daniel Bach. Es würde zwar gleich am Anfang darauf hingewiesen, dass es um Asylsuchende gehe. «Dennoch, wir schauen, dass die Ukrainerinnen und Ukrainer zu diesem Thema korrekt und vor allem klar informiert werden», so Daniel Bach weiter.
An der Rückkehrhilfe aber hält er fest: «Es gibt vereinzelt Personen, die aus der Ukraine in die Schweiz geflüchtet sind und hier den Status S beantragt haben, jedoch wieder in ihre Heimat zurückkehren wollen. Wenn sie diese Rückkehr nicht selber organisieren und finanzieren können, können sie sich an die Rückkehrberatungsstelle (RKB) des Kantons wenden, und diese kann bei der Organisation der Rückreise helfen. Im Einzelfall kann die RKB beim SEM eine finanzielle Unterstützung in Bezug auf die Reisekosten beantragen.»