Jobsuche für ukrainische Flüchtlinge
Sprache und Kinderbetreuung sind die grössten Hürden

Für ukrainische Flüchtlinge ist es schwer, eine Stelle in der Schweiz zu finden. Die Bundesräte Karin Keller-Sutter und Guy Parmelin trafen am Donnerstag drei Unternehmen, die Ukrainer angestellt haben.
Publiziert: 16.06.2022 um 14:58 Uhr
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Über 57'000 Geflüchtete haben bereits den S-Status erhalten.
Foto: Keystone

Über 57’000 Flüchtende aus der Ukraine haben sich seit dem Ausbruch des Krieges in der Schweiz mit dem S-Status registriert – bis im Herbst könnten es 120'000 sein. Während es zu Anfang vor allem darum ging, genügend Betten zu finden, ist jetzt immer mehr auch die Jobsuche im Fokus.

Letztere ist nicht ganz einfach. Bis jetzt haben die Kantone erst 1500 Arbeitsbewilligungen ausgestellt. Hürde sind nicht nur mangelnde Sprachkenntnisse, sondern auch, dass ein grosser Teil der Geflüchteten Frauen mit Kindern sind, die zusätzlich Lösungen für die Betreuung suchen müssen.

Meiste Jobs in Gastrobranche

Justizministerin Karin Keller-Sutter (58) und Wirtschaftsminister Guy Parmelin (62) haben sich nun mit Unternehmen getroffen, die Geflüchtete anstellen. Arbeit bedeute mehr als wirtschaftliche Unabhängigkeit, sagte Keller-Sutter (58), heute vor den Medien in Bern. Arbeit bedeute auch, an der Gesellschaft teilzuhaben und etwas beizutragen.

Bundesrat Guy Parmelin erinnerte daran, dass die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) Personen mit Schutzstatus S bei der Arbeitssuche unterstützen. Entscheidend sei aber der Beitrag der Unternehmen selber, die die entsprechenden Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Ihnen gebühre ein besonderer Dank.

Beim Biobauern oder bei Ikea

Eines der drei Unternehmen, welche die zwei Bundesräte getroffen haben, ist die Biogärtnerei Häfliger im aargauischen Reitnau. Es hat zwölf Personen aus der Ukraine aufgenommen: Sieben erwachsene Frauen mit ihren fünf Kindern. Während sechs der Frauen in der Gärtnerei arbeiten, kümmert sich eine pensionierte Ukrainerin um die Kinderbetreuung. Einmal pro Woche führt eine Lehrerin auf dem Hof freiwilligen Deutschunterricht durch.

Damit ist eine der zwei grossen Hürden für die Integration überwunden. Von solchen kreativen Lösungen brauche es mehr, sagte Keller-Sutter.

Solche gibt es auch bei Ikea. Das Möbelhaus bietet neben regulären Arbeitsplätzen seit 2022 ein sogenanntes Refugee Internship an. Dieses steht auch in Teilzeit zur Verfügung zum Beispiel für Frauen mit Betreuungspflichten. Das Programm wurde vor dem Hintergrund der Fluchtbewegung aus der Ukraine um 22 Plätze verdoppelt. IKEA beteiligt sich auch an INVOL, der vom Bund lancierten Integrationsvorlehre für Flüchtlinge.

Win-Win

Die Organisation Powercoders bietet ein IT-Arbeitsintegrationsprogramm für Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund an. Der Verein arbeitet heute schon mit 140 Partnerbetrieben aus der Informatik-Branche zusammen, darunter IBM in der Schweiz. Für die Schutzsuchenden aus der Ukraine wurde die Anzahl der Plätze für ein Programm, das im September startet, erhöht. Unter den neuen Bewerbungen befinden sich bereits solche von geflüchteten Personen aus der Ukraine.

Hirsig wie auch Keller-Sutter sehen bei der Arbeitsintegration aber nicht nur Hürden, sondern auch Chancen für die Schweiz. Hirsig betonte, man könne Arbeitsintegration und Fachkräftemangel zu einer Lösung kombinieren, von welcher schlussendlich alle profitieren.

Sprache ist die grösste Hürde

Die Sprache sei neben der Kinderbetreuung laut Keller-Sutter die grösste Herausforderung für die Integration von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine. Der Bund stellt darum pro Person 3000 Franken für Sprachkurse zur Verfügung.

Um die Integration in den Arbeitsmarkt zusätzlich zu fördern, habe sie für den 23. August zu einem erneuten Treffen mit den Sozialpartnern und den Kantonen eingeladen, sagte die Justizministerin. Ziel sei es, Bilanz zu ziehen aus den ersten Erfahrungen mit der Arbeitsmarktintegration von Personen mit Schutzstatus S und zusätzlichen Handlungsbedarf auszumachen.

Meiste Jobs in der Gastrobranche

Von den 57'000 Geflüchteten sind knapp 31'000 im erwerbsfähigen Alter. Über 80 Prozent der Schutzsuchenden sind Frauen und Kinder.

Die tatsächliche Zahl der bisher ausgestellten Arbeitsbewilligungen dürfte nach Angaben des EJPD höher liegen als die bekannten 1500, weil der Eintrag in den Datenbanken des Bundes erst nach Ausstellung des Ausweises S erfolgt, die Arbeitsbewilligung aber schon ab Gewährung des Schutzstatus S ausgestellt werden kann. Dazwischen können mehrere Wochen liegen.

Mit 306 Bewilligungen macht das Gastgewerbe den grössten Anteil aus, gefolgt von Planung, Beratung und Informatik, Landwirtschaft und dem Unterrichtswesen. (lm/SDA)


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