Vor über 14 Jahren wurde die Leiche eines Ägypters im Barchetsee im Thurgau gefunden – er wurde erschossen und versenkt
Jetzt holt die Thurgauer Polizei Hilfe bei ZDF-Sendung «Aktenzeichen XY ungelöst»

Mit einem Betonklotz beschwert wurde ein Ägypter (†27) 2007 im Barchetsee bei Oberneunforn TG gefunden. Er wurde getötet. Bis jetzt fehlt von der Täterschaft jede Spur. Die letzte Massnahme: der Gang zum Fernsehen. Genauer: zur Sendung «Aktenzeichen XY ungelöst».
Publiziert: 15.03.2022 um 19:56 Uhr
|
Aktualisiert: 15.03.2022 um 20:19 Uhr
1/8
Hier im Barchetsee bei Oberneunforn in der Gemeinde Neunforn TG wurde im Dezember 2007 die Leiche eines Mannes gefunden.
Foto: Shutterstock
Nicolas Lurati

Es war ein gruseliger Fund: Am 13. Dezember 2007 wird die Leiche eines Ägypters (†27) im Barchetsee, einem Weiher bei Oberneunforn TG, geborgen. Eine Täterschaft hatte den Mann erschossen und ihn mit einem rund 30 Kilogramm schweren Betonklotz am Körper befestigt im Weiher versenkt. Zuvor wurden auf ihn mehrere Schüsse abgefeuert. «Offen ist, ob der Fundort identisch mit dem Tatort ist», schrieb die Thurgauer Kantonspolizei damals.

Gesichert ist hingegen, dass der Mann nicht lange im See lag. Denn gestorben war er maximal drei Tage vor dem Fund. Dies ergaben rechtsmedizinische Einschätzungen. Überdies wurde der Ägypter am 10. Dezember, drei Tage vor seinem Auffinden, in der Stadt Schaffhausen gesehen, wie die Thurgauer Kantonspolizei damals meldete. Im Kanton Schaffhausen war der Mann auch wohnhaft gewesen. Für nützliche Hinweise versprach die Polizei sogar 10'000 Franken Belohnung.

Hilft der Gang zum Fernsehen?

Doch die Lösung des Falls brachte auch der in Aussicht gestellte saftige Batzen bis heute nicht: Die Summe hat bis heute Gültigkeit. Auch die «umfangreichen und intensiven Ermittlungen» in den vergangenen Jahren hätten «bislang nicht zum gewünschten Erfolg» geführt, sagt die Kapo Thurgau.

Vielleicht hilft jetzt der Gang zum Fernsehen? Am Montag gibt die Polizei bekannt, dass die berühmte ZDF-Fernsehsendung «Aktenzeichen XY ungelöst» helfen soll: In der Folge von Mittwoch, 20.15 Uhr, wird das Verbrechen thematisiert. Die Ermittler der Kapo Thurgau erhoffen sich dadurch «neue Erkenntnisse».

Unter anderem fehlt im Fall «Barchetsee» das wichtigste Puzzleteil: die Person oder die Personen, die den Nordafrikaner getötet haben. «Die gesicherten Spuren konnten bislang keiner Täterschaft zugeordnet werden», sagt Kapo-Medienchef Matthias Graf zu Blick.

Dass noch kein Killer dingfest gemacht werden konnte, bedeutet aber nicht, dass die Thurgauer Strafverfolgungsbehörden auf der faulen Haut lagen. «Es ist ja nicht so, dass in den vergangenen Jahren keine Ermittlungen stattgefunden haben», so Graf. Dass man sich nun an «Aktenzeichen XY ungelöst» wende, sei die «letzte mögliche Fahndungsmassnahme». Graf sagt: «Die Ermittler gehen davon aus, dass sich im Jahr 2007 allenfalls noch nicht alle Personen aus dem Umfeld des Opfers bei uns gemeldet haben.»

Opfer hatte Kontakte ins Drogenmilieu

Es handelt sich wohl um ein Umfeld, in dem sich dubiose Gestalten tummelten: «Bisherige Ermittlungen haben ergeben, dass er Kontakte ins Drogenmilieu pflegte», so Graf. Wegen Drogenhandels vorbestraft sei der verheiratete, aber kinderlose Mann jedoch nicht gewesen.

Wurde der Ägypter etwa wegen eines Drogenzoffs getötet und dann im Barchetsee entsorgt? Sicher ist, dass er schliesslich nach einem Hinweis eines Spaziergängers von der Polizei in Ufernähe aus dem Wasser geholt wurde. Einer, der an besagtem 13. Dezember 2007 ganz in der Nähe war, ist der damalige und heutige Gemeindepräsident von Neunforn TG, Benjamin Gentsch (61). Dies jedoch aus einem ganz anderen Grund: «An jenem Tag feierten wir nämlich mit Waldarbeitern der Gemeinde ganz in der Nähe des Sees Waldweihnachten. Ich erinnere mich daher sehr gut an den Tag des Leichenfunds», sagt der FDP-Politiker zu Blick.

Allgemein ist Gentsch mit dem Barchetsee bestens bekannt: «Ich war als Jugendlicher oft dort im Wasser», sagt der Gemeindepräsident, der im Dorf aufgewachsen ist. Auch bei anderen Menschen in der Region habe der See einen hohen Stellenwert: «Die Kinder gehen dort gerne baden.» Dem Badebetrieb habe das Verbrechen «Barchetsee» nicht geschadet, so der Gemeindepräsident. «Der Barchetsee wird von den Leuten weiterhin rege benutzt.» Und auch sei das Verbrechen in der Gemeinde nie ein grosses Thema gewesen.

«Habe ‹Aktenzeichen XY› als Kind immer geschaut»

So löse auch bei ihm selbst der Leichenfund kein mulmiges Gefühl aus, sagt Gentsch. «Es war wohl ein Zufall, dass die Leiche dieses Mannes im Barchetsee deponiert wurde.» Doch Gentsch stellt klar: «Kalt lässt einen das Verbrechen natürlich nicht.»

Daher finde er es auch spannend, dass das eigene Dorf am Mittwochabend in der Sendung «Aktenzeichen XY ungelöst» zum Thema wird. «Ich habe das Format als Kind immer geschaut. Doch die morgige Sendung werde ich nicht anschauen. Der Grund dafür ist simpel: Ich besitze keinen Fernseher.»

Auch wenn er selbst nicht mitschaut, wäre es «natürlich positiv», wenn dank der ZDF-Sendung das Verbrechen «nun endlich gelöst» werden könnte, sagt Gemeindepräsident Gentsch weiter. Auch Graf von der Kapo Thurgau hofft: «Selbstverständlich sind wir zuversichtlich und erhoffen uns durch die Sendung neue Erkenntnisse. Jeder Hinweis, der eingeht, wird überprüft und kann schlussendlich zum Erfolg führen.»

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?