Dieser Auto-Knacker hat alles falsch gemacht, was man falsch machen kann! Am Montag hat Mehdi G.* (56) aus St. Gallen, gemeinsam mit einem mutmasslichen Komplizen in Altenrhein SG ein Auto aufgeknackt und Schmuck und anderes Diebesgut in der Höhe von mehreren tausend Franken entwendet, so die Meldung der Kantonspolizei St. Gallen. Nur: Besonders vorsichtig ging er dabei nicht vor. Zur Tat schritt er um 17 Uhr nachmittags, als es noch taghell war und liess sich dabei von einem Zeugen aus einem Nachbarhaus nicht nur erwischen – er liess sich auch noch filmen. Damit ist die kriminelle Pannenserie aber noch nicht zu Ende: Denn G. fuhr mit seinem eigenen Auto zum Tatort. So offensichtlich, dass selbst sein Nummernschild klar und deutlich auf dem Video ersichtlich ist.
Im Video ist zudem zu erkennen, wie sich Mehdi G. in ein geparktes Auto hineinlehnt. Durch einen Kameraschwenk ist dieser anschliessend für Sekundenbruchteile nicht mehr zu sehen. Als die Kamera ihn wieder einfängt, rennt der mutmassliche Dieb mit einer schwarzen Kiste weg, steigt in sein Auto und braust davon. Klar ist auch, dass sich eine weitere Person im Wagen befinden muss, denn bevor der Dieb einsteigt, öffnet sich wie von Zauberhand die Fahrertür.
Mehdi G.s Diebestour ist kein Einzelfall. Die Schweiz wird von einer Welle solcher Fahrzeugaufbrüche heimgesucht. Die Täter: oft junge Männer aus den Maghreb-Staaten Tunesien, Marokko und Algerien. In Kreuzlingen nutzten sie ein leerstehendes Haus als «Räuberhöhle», im Kanton Aargau bringen sie die Polizei an die Grenzen ihrer Belastbarkeit.
Flucht vom Bodensee nach Wil SG
Nach der Tat flüchteten die beiden Männer in einem schwarzen VW mit St. Galler Kennzeichen. Die Kriminellen fuhren vom Bodensee bis zur Raststätte Thurau, kurz vor Wil SG auf der Autobahn A1. Dort wurden sie um 18 Uhr von Patrouillen der Kantonspolizei St. Gallen gestoppt.
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Der 47-jährige algerische Komplize des Langfingers konnte auf der Stelle festgenommen werden. Mehdi G. unternahm noch einen kurzen Fluchtversuch zu Fuss, konnte aber noch auf dem Raststättengelände festgenommen werden.
«Der macht immer Probleme»
Mehdi G. ist kein unbeschriebenes Blatt. Der Schweizer hat Verbindungen zu Tunesien und in den Libanon und wohnt mitten in der St. Galler Altstadt. Die Wirtin eines Lokals in der Nähe sagt zu Blick: «Der macht immer Probleme.» Was man als Stadt-Tratsch abtun könnte, bestätigt sich aber spätestens beim genaueren Blick in das Leben des Mannes.
Mehdi G. postet ungeniert Fotos seines risikoreichen Lebensstils auf Facebook. Mehrere weisse Linien liegen auf einem Holztisch, an dem Mehdi G. und ein Freund sitzen und fröhlich in die Kamera grinsen. Auch Bilder von Edelsteinen teilt er gerne mit seiner kleinen Community – woher er sie hat, ist ungewiss.
Trieben die Schulden den Mann in die Kriminalität?
Bekannt ist hingegen, dass der Mann Schulden hat. Ein Betreibungsregisterauszug fördert zutage, dass Mehdi G. mit gut 40'000 Franken in der Kreide steht. Unter den Gläubigern sind Krankenversicherer, Steuerverwaltungen, eine Alimente-Inkasso-Stelle und andere Geldeintreiber. In den letzten 20 Jahren hat der Mann zudem nicht getilgte Verlustscheine im Gesamtwert von knapp 35'000 Franken.
Diese Haufen dürften noch grösser werden. Leo-Philippe Menzel, Sprecher der Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen sagt auf Anfrage: «Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen hat aufgrund der Kollusionsgefahr beim zuständigen Zwangsmassnahmengericht einen Antrag auf Untersuchungshaft gestellt.» Kollusionsgefahr bedeutet: die Gefahr, dass er sich mit seinem Komplizen absprechen oder Beweise vernichten könnte.
Dramatischer Anstieg im Vergleich zu 2022
Den Anstieg an Fahrzeugeinbrüchen bemerkt auch die Kantonspolizei St. Gallen. Am Montag meldete sie auf dem Gemeindegebiet der Stadt St. Gallen nicht weniger als zehn Einbruchdiebstähle aus Fahrzeugen – innert zehn Stunden.
Das Vorgehen ist simpel: Scheibe einschlagen, Wagen ausräumen, abhauen. Die Zahlen sind besorgniserregend. «Wir hatten im Jahr 2022 81 Fahrzeugeinbruchdiebstähle zu verzeichnen. In den ersten zwei Monaten im 2024 hatten wir bereits 40, also schon die Hälfte von 2022», sagt Melinda Kürsteiner, Sprecherin der Kantonspolizei St. Gallen.
Einbrecher schlagen auch für Zigis die Scheibe ein
Kürsteiner warnt gegenüber Blick die Autofahrerinnen und Autofahrer mit Nachdruck: «Das Auto ist kein Tresor!» Man solle das Fahrzeug immer abschliessen und keine Wertgegenstände darin liegenlassen. «Und mit Wertgegenständen meinen wir nicht nur Sachen im Wert von mehreren Hundert oder Tausend Franken, sondern auch kleinere Gegenstände wie zum Beispiel eine Zigarettenschachtel oder eine Sonnenbrille. Auch das kann für einen Täter ein Grund sein, das Auto aufzubrechen.»
* Name geändert