Die Vorwürfe wiegen schwer: Züchtigung, Missbrauch, sogar von einer vertuschten Vergewaltigung berichten ehemalige Schüler einer christlichen Privatschule in Kaltbrunn SG. In einem am Donnerstag ausgestrahlten SRF-Dokumentarfilm sprachen Opfer erstmals über die Vorgänge in der Institution.
Mittendrin in der Glaubensgemeinschaft: die Schoggi-Familie Läderach und deren Ex-Patron Jürg Läderach (72). Er hatte eine zentrale Funktion in der Glaubensgemeinschaft – auch er soll Kinder mit Schlägen gezüchtigt haben, sagt ein Opfer.
Nun spricht Läderachs Sohn und der aktuelle CEO des Schoggi-Imperiums Johannes Läderach (37) über die Vorwürfe. Er habe den Film gemeinsam mit seinem Bruder gesehen, sagt er im Interview mit der «SonntagsZeitung». «Es war sehr belastend. Mitanzusehen, wie von solchem seelischen und körperlichen Missbrauch erzählt wird, schmerzt ungemein.» Er verurteile, was vorgefallen ist. «Jeder Übergriff ist einer zu viel, aber wenn man die Leute kennt, geht einem das besonders nahe.»
Es herrschte ein «Klima der Angst»
Dass ein «Klima der Angst» geherrscht habe, könne er bestätigen. Er selbst, der die Schule ebenfalls besucht hatte, habe keinen körperlichen Missbrauch erlebt. Welche Kinder geschlagen wurden, sei geregelt gewesen. Das habe auch bereits eine unabhängige Untersuchung, die durch die Läderach-Söhne angestossen wurde, offengelegt.
Auch im SRF-Film wird von «schlagbaren und nicht schlagbaren Kindern» berichtet. Dass Kinder von Gönnern anders behandelt wurden, mache Johannes Läderach «richtig wütend».
Auf den Einwand, dass laut einem Ex-Schüler auch die Kinder der Läderachs geschlagen wurden, antwortet der CEO, dass er nur von sich reden könne.
Vater beteuerte stets seine Unschuld
Was wusste der Sohn über die mutmasslichen Gewalttaten des Vaters? Die Vorwürfe hätten ihn sehr aufgewühlt, so Johannes Läderach. Nach dem Film habe er seinen Vater sofort angesprochen. «Auch mir gegenüber hat er immer betont, nicht geschlagen zu haben, so wie er das auch an Eides statt versichert hat.» Demgegenüber stehen nun die Aussagen der ehemaligen Schüler. «Das lässt auch bei mir viele Fragen offen.»
Dass Jürg Läderach nun für negative Schlagzeilen sorgt, könnte auch das Familienunternehmen in Bedrängnis bringen. Sohn Johannes betont aber: Es gebe keine Vorwürfe gegen die dritte Generation, die nun die Geschäfte leitet. Seine Eltern seien nicht mehr im Unternehmen involviert. «Ich plädiere dafür, dass man das Unternehmen nach den Menschen beurteilt, die jetzt die Verantwortung tragen.»
Dennoch gebe es in der Firma Redebedarf: Seit der Ausstrahlung des Films sei er «ununterbrochen am Zuhören, am Klären und Erklären, vor allem intern». Bislang kam es noch zu keinen Protesten vor Läderach-Filialen, wie es sie früher schon einmal gab. Der CEO hofft, dass das so bleibt. «Da werden Leute angefeindet, die überhaupt nichts dafür können, was in der früheren Generation der Unternehmerfamilie vorgefallen ist.»
Auf die Frage, ob die aktuelle Debatte die Umsätze schmälern könnte, will sich Johannes Läderach nicht einlassen – das stehe nicht im Vordergrund. Jetzt gehe es um «Menschen und Schicksale». Er hofft dennoch, dass die Menschen zwischen «der aktuellen Unternehmergeneration und der früheren unterscheiden können». (bab)