Schuldsprüche gegen Marcello N. (45) im Altersheim-Skandal von Sennwald SG
Altersheimleiter zwackte über 57'000 Franken ab

Während mehrerer Jahre hat Marcello N. im Altersheim Forstegg in Sennwald laut der Staatsanwaltschaft in seine eigene Tasche gewirtschaftet. Die Bürger kamen indirekt für teures Campingzubehör, ein Auto und seine Kreditkartenrechnungen auf.
Publiziert: 16.12.2021 um 01:35 Uhr
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Verurteilt: Marcello N. wirtschaftete das Altersheim Forstegg in Sennwald SG an den Rande des Ruins.
Foto: zvg

Innerhalb von viereinhalb Jahren wirtschaftet Marcello N.* (45) das Altersheim Forstegg in Sennwald SG in Grund und Boden. Die 2,4 Millionen Reserve, die ihm sein Vorgänger zum Amtsantritt hinterlassen hat, ist futsch. N. wirft langjährige Mitarbeiter raus, stellt stattdessen ihm gewogene Günstlinge ein. Abteilungen wie etwa der Hausdienst werden auf die doppelte Grösse aufgeblasen, Lohnkosten in der Buchhaltung kaschiert (Blick berichtete).

Die Konsequenzen: höhere Heimtaxen für die Bewohner, Stellenabbau beim Personal, finanzieller Schaden und ein ruinierter Ruf für die Gemeinde Sennwald. Diese reicht, nachdem sie lange untätig geblieben ist, gegen den im April 2019 gefeuerten Heimleiter Strafanzeige ein.

Sogar die Billag-Gebühren von N. zahlte das Altersheim

Nun wurde Marcello N. wegen Veruntreuung, mehrfachen Betrugs und mehrfacher Urkundenfälschung verurteilt, wie ein Strafbefehl der Staatsanwaltschaft St. Gallen zeigt, der Blick vorliegt. Das siebenseitige Dokument enthüllt eine neue Dimension des Altersheim-Skandals. Und offenbart einen Forstegg-Chef, der knallhart in die eigene Tasche gewirtschaftet haben dürfte.

Insgesamt 57'125.80 Franken soll N. vom Altersheim-Konto auf sein Privatkonto bei der Raiffeisenbank umgeleitet haben! Die Fälle sind so haarsträubend wie dreist. Am 11. März 2015 lässt sich N. beispielsweise 11'344.70 auszahlen – und erhält dafür gar den Segen der Finanzkontrolle der Gemeinde! Tags darauf kauft er für einen nur unwesentlich höheren Betrag für sich selbst in einem deutschen Camping- und Freizeitmarkt ein.

Ein anderes Mal begleicht er mit Altersheim-Geldern Strassenverkehrsabgaben und seine Billag-Gebühren. Zudem kommt der Sennwalder Steuerzahler mehrfach für die private Kreditkartenrechnung des Heimleiters auf. Ein besonders krasses Beispiel: Im Februar 2017 überweist das Altersheim 10'500 Franken für den Kauf eines Ford Fiesta, den N. in der Folge auf seinen eigenen Namen einschreiben lässt.

Gattin wurde als Mittäterin ebenfalls verurteilt

Insgesamt 6300 Franken fliessen zudem in drei Tranchen auf das Konto seiner Frau (43), die nun wegen unrechtmässiger Verwendung von Vermögenswerten ebenfalls verurteilt wurde. Nebst all den Transaktionen, für die in keinem der Fälle eine Rechtfertigung vorgelegen haben dürfte, soll Marcello N. auch mehrfach Erfolgsrechnungen frisiert haben. Dies, um das Heim zumindest auf dem Papier finanziell besser dastehen zu lassen.

2016 und 2017 liess er laut Staatsanwaltschaft zwei Lohnläufe an das Personal kurzerhand aus der Bilanz verschwinden. Mit dem Resultat, dass der Personalaufwand in beiden Jahren zusammengezählt um 593'000 Franken zu niedrig ausgewiesen wurde. Gleichzeitig blies der Altersheim-Leiter den Bargeld-Bestand in der Kasse auf und liess beglichene Rechnungen der Heimbewohner nicht in die Bilanz einfliessen, um höhere Guthaben vorzutäuschen.

Heimleiter zeigt sich zumindest teilweise einsichtig

Per Strafbefehl verurteilt die Staatsanwaltschaft St. Gallen Marcello N. wegen seiner Vergehen zu einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen à 150 Franken (total: 27'000 Franken). Der Betrag würde aber nur fällig, falls er in den nächsten zwei Jahren erneut delinquieren sollte. Fällig werden dagegen eine Busse in Höhe von 4000 Franken sowie Verfahrensgebühren. Der Entscheid ist noch nicht rechtskräftig.

Marcello N., der inzwischen ins Tessin umgezogen ist, dürfte den Schuldspruch laut seinem Anwalt akzeptieren. Dieser räumt ein, dass sein Mandant Fehler begangen habe, auch wenn er mit den Vorwürfen nicht vollumfänglich einverstanden sei.

Gemeinde Sennwald pocht auf Schadenersatz

Die Sache dürfte auch nach Abschluss des Strafverfahrens aber noch nicht ausgestanden sein: Die Gemeinde Sennwald will ihr Geld zurück! «Wir wollen den Schaden beglichen haben – und zwar auf Heller und Pfennig», sagt Gemeindepräsident Bertrand Hug (50) zu Blick.

Er hat das unangenehme Geschäft von seinem Amtsvorgänger Peter Kindler (66) geerbt, der sich den Vorwurf gefallen lassen muss, dem Altersheim-Boss nicht auf die Finger geschaut zu haben. «Es waren sehr viele Emotionen im Spiel. Wir haben als Gemeinde die Aufgabe wahrgenommen, das Vertrauen unserer Bürger zurückzugewinnen.
Dazu gehört auch, dass wir nun versuchen müssen, das Geld zurückzubekommen», sagt Hug.

Das Altersheim Forstegg befinde sich inzwischen wieder in ruhigeren Gewässern. Es sei ein umfangreiches Kontrollsystem eingeführt worden, um einen zukünftigen Missbrauch von Geldern zu verhindern. Die Bildung neuer Reserven gestalte sich allerdings schwierig.

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