«Mussten schon die Polizei holen»
St. Galler Altersheime kämpfen mit renitenten Angehörigen

Gerade Alters- und Pflegeheime sind stark von der Corona-Pandemie betroffen. Laut Robert Etter, Präsident von Curaviva, verbreitet sich das Virus unter anderem auch darum so schnell, weil sich einige Angehörige nicht an die Regeln halten würden.
Publiziert: 17.12.2020 um 13:42 Uhr
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Aktualisiert: 10.03.2021 um 12:36 Uhr
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Viele Alters- und Pflegeheime in der Schweiz befinden sich wegen Corona im Ausnahmezustand. (Symbolbild)
Foto: imago images/photothek

Die Alters- und Pflegeheime in der Schweiz sind überlastet, das Personal ist am Anschlag. Im Alterszentrum Schwanden GL beispielsweise sind momentan 55 Bewohner mit dem Virus infiziert, acht sind bereits gestorben. Dazu kommen noch 48 Mitarbeiter, die sich aktuell ebenfalls angesteckt haben.

In einem Seniorenheim in Fislisbach AG sieht es ähnlich aus: Auch hier sind 20 Angestellte infiziert, es herrscht Ausnahmezustand. Mindestens zwei Bewohner sind wegen Corona gestorben, 50 weitere kämpfen gerade mit dem Virus.

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Aber in keinem Kanton sterben derzeit so viele Menschen an Corona wie in St. Gallen – betroffen sind auch hier wieder vor allem die Alters- und Pflegeheime. Obwohl das Sterben dort zum täglichen Leben gehört, macht sich Robert Etter, Präsident von Curaviva, grosse Sorgen. «Es ist für die Pflegenden emotional belastend, wenn mehr Menschen sterben als sonst», sagt er zum «St. Galler Tagblatt».

Das ist Curaviva

Curaviva ist der Dachverband der Schweizer Heime. Der Verband vertritt landesweit über 2'700 Institutionen aus den drei Bereichen «Kinder und Jugendliche», «Menschen mit Behinderung» und «Menschen im Alter». Die Mitgliederinstitutionen bieten rund 120'000 Menschen ein Zuhause und beschäftigen mehr als 130'000 Mitarbeitende.

Curaviva ist der Dachverband der Schweizer Heime. Der Verband vertritt landesweit über 2'700 Institutionen aus den drei Bereichen «Kinder und Jugendliche», «Menschen mit Behinderung» und «Menschen im Alter». Die Mitgliederinstitutionen bieten rund 120'000 Menschen ein Zuhause und beschäftigen mehr als 130'000 Mitarbeitende.

Sorgen macht sich Etter auch wegen der Besucher, die Probleme bereiten. Rund zehn Prozent von ihnen würden bei Besuchen demonstrativ die Maske abziehen, das Personal beleidigen und handgreiflich werden, sagt er. Und: «Es gab auch schon Fälle, wo ein Heim die Polizei holen musste, weil sich die Besucher partout nicht an die Regeln halten wollten.»

Corona-Massnahmen in Frage gestellt

Für die Heime bedeute ein solches Verhalten zusätzlichen und vor allem unnötigen Aufwand, sagt Etter. Wenn jede Corona-Massnahme in Frage gestellt werde, bringe dies das Personal an seine Grenzen.

«Die Renitenz einzelner Besucher zusammen mit der Unberechenbarkeit dieses fiesen Virus macht uns weitgehend machtlos», sagt er. Aus seiner Sicht sind es aber nicht die Schutzkonzepte, die versagt haben, sondern die Menschen, die sich nicht daran halten.

«Rate davon ab, Heimbewohner über Weihnachten zu sich zu nehmen»

Laut Etter versuchen die 118 St. Galler Heime alles, um den 6500 Bewohnern trotz der schwierigen Umstände ein schönes Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. «Alle Mitarbeitenden in der Langzeitpflege, auch bei der Spitex, vollbringen derzeit Ausserordentliches», sagt er.

Um die Situation nicht noch schlimmer zu machen, rät Etter dringend davon ab, dass Angehörige Heimbewohner über Weihnachten zu sich nehmen. «Tun sie es trotzdem, müssen sie 10 bis 14 Tage in Quarantäne, wenn sie zurückkommen», sagt er. (bra)


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