Es ist die stärkste Migrationsbewegung seit der Flüchtlingswelle im Jahr 2015: Seit dem Spätsommer reisen Afghanen zu Tausenden quer durch Europa. Die Schweiz dient dabei vornehmlich als Transitland, viele der jungen Männer – ein grosser Teil von ihnen minderjährig – haben offenbar Frankreich und Grossbritannien als Ziel.
Als Fortbewegungsmittel dient dabei fast ausschliesslich der ÖBB-Nightjet zwischen Wien und Zürich. Blick ist Mitte November frühmorgens dabei, als Grenzwächter in Buchs SG den Zug kontrollieren. Sie werden fündig: 38 Afghanen, offenbar eine Reisegemeinschaft, werden zur Feststellung ihrer Personalien abgeführt.
Behörden gingen irrtümlicherweise von Entspannung aus
«Wir erwarten, dass die aktuelle Migrationswelle noch einige Wochen anhalten dürfte, ehe sie wegen des Winterbeginns etwas abflachen dürfte», sagte damals Daniel Bach, Kommunikationschef des Staatssekretariats für Migration (SEM), an einer Medienkonferenz. Inzwischen ist klar: Die Prognose war falsch, die Situation hat sich zuletzt nochmals zugespitzt!
«Letzte Woche kamen 271 Migranten bei uns an. 119 Personen davon waren minderjährig, gerade einmal sechs Personen haben ein Asylgesuch gestellt. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass wir derzeit keinen Rückgang verzeichnen. Im Gegenteil, die Zahlen sind nochmals gestiegen», sagt Florian Schneider, Mediensprecher der Kantonspolizei St. Gallen, zu Blick. Zwischen den einzelnen Tagen würden allerdings grosse Schwankungen verzeichnet.
Junge Afghanen sind schon vor Erledigung der Formalitäten wieder weg
Laut den Zahlen der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) seien alleine im November 1009 Männer illegal in die Schweiz eingereist. Das Problem: Bis die Behörden den Papierkrieg erledigt haben, sind die Migranten bereits wieder abgetaucht, um die Reise an ihren gewünschten Zielort fortzusetzen.
Hintergrund: Eine illegale Einreise – viele der Betroffenen hatten zuvor bereits in Österreich einen Asylantrag gestellt – ist in der Schweiz kein Haftgrund. Wer erwischt wird, bleibt auf freiem Fuss.
Situation im St. Galler Rheintal bleibt angespannt
Um die Abklärungen zu beschleunigen, wird in Buchs SG derzeit fieberhaft auf die Eröffnung eines Bearbeitungszentrums hingearbeitet, damit die notwendigen administrativen Arbeiten behördenübergreifend innerhalb eines Tages erledigt werden können.
Das scheint nötiger denn je, da die Behörden inzwischen nicht mehr von ruhigen Wintermonaten ausgehen und eine Entspannung der Situation nicht in Sicht ist. «Für die Einsatzplanung rechnen wir nicht mit einem Rückgang der Migrationszahlen», sagt Florian Schneider.