Vor einer Woche fand in Glarus die Bestattung von alt Ratsschreiber Jakob Brauchli statt. Aus der ganzen Schweiz reisten Trauergäste an und stellten ihre Autos in den weissen Parkzonen rund um die Kirche ab. Nach der Abdankung dann der Schreck: Sie wurden gebüsst. Der Grund: In Glarus muss man für drei Stunden kostenloses Parkieren eine Parkscheibe benutzen. Wer das versäumt, kassiert eine 40-Franken-Busse.
«Eine Katastrophe, was da passiert ist», sagt ein Leserreporter zu Blick. Parkuhren oder gut erkennbare Schilder würden da nicht stehen. Rund um die Stadtkirche im Zentrum, wo die Abdankung stattfand, gebe es keine entsprechende Signalisation. Er und andere Gäste seien geschockt über die Busse. In anderen Kantonen könne man in den weissen Parkzonen kostenlos parkieren.
Respektlos gegenüber «Auswärtigen»
Dem Blick-Leser fiel erst nicht mal auf, dass er gebüsst worden war, weil die Mitarbeiter der Parkraumbewirtschaftung inzwischen nur noch kleine Zettel mit aufgedruckten QR-Codes verwenden, die sie unter die Scheibenwischer legen. Eine Woche nach der Bestattung entdeckte der Trauernde schliesslich den Zettel, als er seinen Hund aus dem Auto herausliess, um mit ihm spazieren zu gehen.
Die Busse hat er inzwischen gezahlt, fühlt sich aber ungerecht behandelt. Das Vorgehen der Stadt sei respektlos gegenüber «Auswärtigen». Rechtliche Schritte will er nicht ergreifen, ihm geht es um Menschlichkeit. Bei der Beerdigung waren laut dem Leserreporter auch alle Regierungsmitglieder des Kantons Glarus zugegen. Ob die Politiker ebenfalls gebüsst wurden, ist unklar.
Zone rund um die Stadtkirche ist beschildert
Da die Busse ausgerechnet während einer Beerdigung ausgestellt wurde, hatte der Leserreporter auf Verständnis gehofft und sich telefonisch an die Gemeinde gewandt. Bei der Parkraumbewirtschaftung der Gemeinde hatte man jedoch kein Einsehen. Sie stellt klar: In der Parkraumzone 2 von Glarus dürfen Autos zwischen 8 und 19 Uhr kostenlos parkieren – mit Parkscheibe. Mit Parkbewilligung darf unbeschränkt parkiert werden. An allen Orts- und Quartierzufahrten seien die Parkierregeln mit Schildern «deutlich signalisiert». Die Busse sei deshalb rechtsgültig.
Eine Sprecherin der Gemeinde teilte auf Blick-Anfrage schriftlich mit, dass die Gemeinde Glarus nachvollziehen könne, dass der Erhalt einer Parkbusse im Rahmen eines Trauerfeierbesuches unerfreulich sei. Der Ordnungsdienst, der die Bussen verteile, habe aber die Aufgabe, alle nicht korrekt parkierenden Lenker gleichzubehandeln. Dabei werde kein Unterschied zwischen auswärtigen und einheimischen Lenkern gemacht.
«Die Anzahl der ausgestellten Parkbussen an diesem Tag lag im Durchschnitt und war nicht höher als an anderen Kontrolltagen. Selbstverständlich ist die Zone rund um die Stadtkirche Glarus beschildert», erklärte die Sprecherin. Um die ausreichende Beschilderung zu beweisen, sendete sie Blick sogar mehrere Bilder.