Marc G.* wundert sich noch immer über die Begegnung, die er im August auf einem St. Galler Polizeiposten hatte. Der Tesla-Fahrer wollte wegen eines gefährlichen Überholmanövers im letzten August einen Audi-Fahrer anzeigen – und wurde unverrichteter Dinge wieder nach Hause geschickt.
G. sei «ganz entspannt auf der rechten Spur mit dem Verkehr mitgeschwommen», als auf einmal ein Audi-Fahrer auf dem Pannenstreifen rechts an ihm vorbeischiesst. Der rücksichtslose Autofahrer überholt auch die nachfolgenden Fahrzeuge in gefährlicher Manier. «Ich dachte nur, hoffentlich chlöpft es nicht», sagt G.
Das Video nützt gar nichts
Sekunden später ist der Audi zwar ausser Sichtweite. Was der Rowdy aber nicht weiss: G.s Tesla zeichnete die Szene auf – Kennzeichen inklusive. Mit dem Videomaterial geht er zur Kantonspolizei. Doch dort erwartet ihn die grosse Enttäuschung. Man könne nichts machen, heisst es. Denn: Der Audi-Fahrer habe nicht gewusst, respektive nicht eingewilligt, dass er gefilmt wird.
«Es sei verlorene Zeit und verlorene Arbeit wurde mir gesagt», so der Tesla-Fahrer. Von einer Anzeige wird ihm abgeraten. Also verzichtet G. darauf, den rücksichtslosen Fahrer anzuzeigen.
«Anzeige muss entgegengenommen werden»
Hanspeter Krüsi, Mediensprecher der Kantonspolizei St. Gallen, stellt klar: «Wenn jemand eine Anzeige erstatten möchte, dann muss diese entgegengenommen werden.»
Die Polizisten würden aber Bürgerinnen und Bürger grundsätzlich auch über die möglichen Erfolgsaussichten einer Anzeige informieren. «Wenn beispielsweise jemand, der in der Innenstadt wohnt und sich über seinen kaputten Geranientopf während des Stadtfestes ärgert, Anzeige wegen Sachbeschädigung erstattet, dann hat diese verständlicherweise wenig Aussicht auf Erfolg.» Im Einzelfall sei ohnehin nicht die Polizei zuständig, sondern die Staatsanwaltschaft. «Sie sagt, ob ein Video vor Gericht als Beweis verwertbar ist, oder nicht», erklärt Krüsi.
Blick konnte die Ehefrau des Audi-Besitzers erreichen. Sie sagt, das Auto sei an diesem Wochenende nicht von ihrem Ehemann, sondern von jemand anderem gelenkt worden.
* Name geändert