In der Nacht von Donnerstag auf Freitag sind zwei Unbekannte in die Garage eines Wohnhauses in Herisau AR eingebrochen. Die Kamera von Anwohnerin Fiorella S.* (44) hat die beiden Gauner gefilmt. Sie veröffentlicht das Videomaterial unverpixelt in den sozialen Medien und fragt: «Wer kennt diese zwei Typen?»
Plötzlich geht das Video viral. Über 1000 Menschen haben es auf Facebook geteilt. Auf Tiktok sahen es über 700'000 Userinnen und User. Fiorella S. ist über das Feedback erstaunt: «Ich finde es super, dass so viele solidarisch mit uns sind und das Video geteilt haben», sagt sie zu Blick. Manche seien allerdings etwas übermütig gewesen: «Es gab welche, die wollten Polizist spielen und die Einbrecher jagen. Die haben mir dann geschrieben, wo sie die Täter gesehen hätten.»
Chihuahuas schlagen Banditen in die Flucht
Der Vorfall hat Unbehagen bei der zweifachen Mutter ausgelöst. Während des Einbruchs habe sie geschlafen – nur das Bellen ihrer Hunde habe sie bemerkt. Sie habe sich aber nichts dabei gedacht und weitergeschlafen. Als sie dann am nächsten Morgen die Aufnahmen der Überwachungskamera checkt, folgt die böse Überraschung: Sie sieht, wie zwei Ganoven versuchen, die Haustür zu öffnen. Nachdem sie daran gescheitert sind, blickt einer von ihnen dreist in die Kamera, während sie weiter um das Haus herumschleichen. «Ich habe mich ziemlich erschreckt. Ich habe einen richtigen Adrenalinschub gespürt.»
Daraufhin hat sie sofort die Polizei alarmiert. Die Beamten kamen zur Spurensicherung. Der Befund: Die Täter haben die Garagentür aufgebrochen und sich so Zugang zum Haus verschafft. Gestohlen worden sei nur ein wenig Bargeld: «Nicht der Rede wert», meint S. Sie habe sogar Glück gehabt: «Hätten diese Kerle eine weitere Tür aufgemacht, hätten sie zwei teure Handtaschen vorgefunden.»
Dass die Banditen nicht weiter vorgedrungen seien, habe sie wohl ihren Hunden zu verdanken. Deren Bellen habe die Einbrecher verscheucht, vermutet S. Bei den heldenhaften Wachhunden handelt es sich um Chihuahuas.
Die Polizei hat derweil die Ermittlungen aufgenommen. In einer Mitteilung schreibt die Kantonspolizei Appenzell-Ausserrhoden, dass es zwischen Freitag und Montag zu mehreren Einbrüchen in Herisau kam. Es werde derzeit abgeklärt, ob zwischen den Delikten Zusammenhänge bestehen.
«Sie haben nichts zu verlieren»
Bei der Polizei habe Fiorella S. gefragt, ob sie die Aufnahmen ins Netz stellen dürfe. Ihr sei davon abgeraten worden. Die Einbrecher könnten S. deswegen anzeigen. «Ich dachte mir aber: Das ist mir egal», sagt die Appenzellerin.
Sie wolle nicht nur, dass die Gauner geschnappt werden, vielmehr sei es ihr ein Anliegen, ihre Mitmenschen zu warnen. «Seit 35 Jahren leben wir hier. Mein Vater meinte, hier breche niemand ein.» Der Vorfall zeige ihr aber, dass man sich nicht in trügerischer Sicherheit wiegen darf. Und: «Diese Typen dürfen sich ruhig blossgestellt fühlen.»
Mit ihnen habe sie kein Mitleid. Vor allem den dreisten Blick in die Kamera kann S. nicht so schnell vergessen: «Man merkt genau, dass diese zwei Typen nichts zu verlieren haben.» Obwohl sie wissen, dass sie gerade gefilmt werden, seien sie dennoch eingebrochen. «Sie haben keine Scham.»
* Name bekannt