Lawine reisst 19-jährigen Berggänger in den Tod
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Tragödie am Säntis:Lawine reisst 19-jährigen Berggänger in den Tod

Deutscher stirbt bei Lawinenabgang – Bergführer Hanspeter Schoop ordnet ein
So gefährlich ist der Schwägalp-Säntis-Bergweg

Am Sonntag wurde ein Deutscher auf dem Säntis-Bergweg von einer Lawine erfasst. Für den jungen Mann kam jede Hilfe zu spät. Experte Hanspeter Schoop hat für Blick das Gefahrenpotential des Bergwegs eingeschätzt.
Publiziert: 25.04.2023 um 12:28 Uhr
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Aktualisiert: 25.04.2023 um 14:29 Uhr
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Am Sonntag wurde ein Deutscher auf dem Säntis-Bergweg von einer Lawine mitgerissen.
Foto: BRK News
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Marian NadlerRedaktor News

Am Sonntag forderte ein Lawinenniedergang am Säntis ein Todesopfer. Ein Deutscher (†19) kam ums Leben, sein Begleiter (23) erlitt leichte Verletzungen. Zwei Tage nach dem Unglück sind noch einige Fragen offen. Wie bewertet ein Experte die Situation?

«Wie gefährlich ein Weg ist, hängt immer von den Leuten ab, die sich darauf bewegen», sagt der erfahrene Bergführer Hanspeter Schoop (57) zu Blick. «Auch der Zeitpunkt der Wanderung spielt eine Rolle», ergänzt er. «Jetzt liegt noch Schnee am Säntis, bis fast runter in die Schwägalp. Der Weg ist schneebedeckt.»

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Steil, schmal und exponiert

Der Bergwanderweg, der von der Schwägalp zum Säntis führt, ist weiss-rot-weiss markiert. Bedeutet: Die Berggänger erwartete am Sonntag teilweise unwegsames Gelände sowie steile, schmale und exponierte Wegstücke sowie zu dieser Jahreszeit tiefer Schnee – ein riskantes Unterfangen. Es braucht eine gewisse Erfahrung, um hier klarzukommen. Das bekräftigt auch Experte Schoop. Die Wanderer müssen körperlich fit sein und sich mit den Gefahren im Gebirge auskennen.

Nach dem Unglück stellt sich die Frage, warum der Wanderweg aufgrund der vorherrschenden Lawinengefahr nicht gesperrt wurde. Schoop gibt den Behörden keine Schuld an dem Unglück. Er macht klar: «Es liegt in der Verantwortung der Einzelnen, wann man einen Weg begeht.» Dass Wanderwege gesperrt werden würden, sei eher ungewöhnlich. «Auch aus administrativer Sicht wäre das ein Ding der Unmöglichkeit», so Schoop.

Auf dem Weg gibt es eine Warntafel, die darauf hinweist, dass der Weg schneebedeckt ist. Offenbar hat sie die Berggänger am Sonntag nicht davon abgehalten, den Berg weiter hinaufzusteigen.

«Das ist eine Gefahr»

Im Sommer könne der Weg von den meisten Leuten problemlos begangen werden, im Winter sähe es teils anders aus, erklärt Schoop. «Die Leute überschätzen sich. Das beobachte ich vor allem zum Ende des Winters, kurz bevor die Wanderzeit losgeht, wenn der Schnee zu schmelzen beginnt», erklärt der am Fuss des Säntis aufgewachsene Appenzeller.

Oft kommen dann Leute ungenügend vorbereitet. Er ergänzt: «Der Weg ist von unten nicht immer einsehbar. Man sieht nicht immer, wie viel Schnee es in den höheren Lagen noch hat. Das ist eine Gefahr.»

Begehung «auf eigene Verantwortung»

Das Alter der jungen Männer sieht er nicht als ausschlaggebend für das Unglück an. «Das hätte auch anderen Leuten passieren können», macht er deutlich.

Parallelen zur Todesserie am Äscher, bei der mehrere Wanderer im vergangenen Jahr verunglückt waren, sieht der Ortskenner nicht. «Das kann man nicht vergleichen.»

Mediensprecher Marcel Wehrlin von der Kantonspolizei Appenzell Ausserrhoden warnte im Gespräch mit Blick am Montag eindringlich vor der Lawinengefahr. Die Begehung des stark eingeschneiten Schwägalp-Säntis-Bergwegs erfolge weiterhin ausdrücklich «auf eigene Verantwortung». Berggänger sollten die Risiken gut abwägen, bevor sie sich auf den Weg begeben.

Lawinendrama im Jahr 2019

Bereits im Januar 2019 hat sich auf der Schwägalp ein Lawinendrama ereignet. Hanspeter Schoop war als Bergretter dabei. Man schrammte haarscharf an einer Katastrophe vorbei. Drei Personen wurden verletzt, es entstand hoher Sachschaden. «Wir hatten wahnsinniges Glück und den besten Schutzengel, den man sich vorstellen kann!», sagte Hotel- und Bergbahn-Geschäftsführer Bruno Vattioni (65) damals.

Der junge Mann, der am Sonntag von der Lawine mitgerissen wurde, hatte weniger Glück. Die Retter konnten am Sonntag nur noch seinen Tod feststellen.

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